Frage an Klaus Hagemann von Anatol B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Hagemann.
Ich beobachte einen zunehmenden Mangel an sozialer Verantwortung großer Unternehmen, wie z.B. Deutsche Bank und IBM. Wenn diese trotz großer Gewinne und wirtschaftlichem Erfolg Tausende Mitarbeiter entlassen und/oder in ein Billiglohnland umziehen, finde ich den "Heuschrecken-Vergleich" von Herrn Müntefering treffend, wenn auch etwas polemisch. Was ist ihre persönliche Meinung dazu und was die Strategie der SPD, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken bzw. soziale Verantwortung von Unternehmen einzufordern ohne diese aus Deutschland zu vergraulen?
Mit freundlichen Grüßen,
Anatol Bollinger
Sehr geehrter Herr Bollinger,
herzlichen Dank für Ihre freundliche Frage, für deren leider verspätete Beantwortung ich mich bei Ihnen entschuldigen möchte. Sie geben eine Situationsbeschreibung, der ich nur zustimmen kann. Richtig ist jedoch auch, dass komplexe Strukturen wie jene des internationalen Kapitalmarktes fast immer einer einheitlichen Vorgehensweise, mindestens auf europäischer Ebene, bedürfen. Die Bundesregierung hat deshalb wiederholt innerhalb der Europäischen Union Initiativen ergriffen, um bei der Steuergesetzgebung wenigstens Mindestsätze festzulegen und vergleichbare Bemessungsgrundlage zu vereinbaren. Leider gilt in diesen Fragen bislang noch das Einstimmigkeitsprinzip, so dass wir hier nur sehr mühsam voran kommen. In die gleiche Richtung zielte ein Vorstoß von Bundeskanzler Gerhard Schröder, der beim jüngsten G8-Gipfel diese Problematik angesprochen hat und für eine stärkere Kontrolle und mehr Transparent auf den Finanzmärkten plädiert. Dies gilt insbesondere für internationale Hedgefonds, die ja auch in Deutschland wie z.B. im Falle der Deutschen Börse AG Druck auf Unternehmensführungen ausgeübt haben.
Auf nationaler Ebene hat die vom Bundesjustizministerium eingesetzte Regierungskommission im Februar 2002 den Deutschen Corporate Governance Kodex verabschiedet. Mit diesem Kodex soll unter anderem mehr Transparenz und eine stärker wahrgenommene gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen erreicht werden. Es ist jedoch an den einzelnen Unternehmen, den Rahmen dieses Kodex mit Taten auszufüllen. Denn für Unternehmen gilt das Gleiche wie für einzelne Bürger: wer Rechte hat, hat ebenso Pflichten.
Die Bundesregierung hat allerdings nach diesem Kodex auch konkrete Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, um die Firmen in die Verantwortung zu nehmen. So sollen börsennotierte Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2006 die einkommen ihrer Spitzenmanager offen legen.
Die von Ihnen angesprochene Thematik muss insgesamt in der nächsten Legislaturperiode verstärkt angegangen werden!
An dieser Stelle möchte ich mich nochmals herzlich für Ihre Frage bedanken.
Mit freundlichem Gruß
Klaus Hagemann MdB