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Frage von Oliver P. •

Frage an Klaus Hagemann von Oliver P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hagemann,

ich wende mich an Sie, weil mich die Diskussion um die Online-Durchsuchung sehr beunruhigt und ich wissen möchte, wie Sie zu dem Thema stehen.

Unser Grundgesetz garantiert uns in Artikel 13 die Unverletzlichkeit unserer Wohnungen. Dieses Grundrecht ist wesentliches Merkmal aller freiheitlichen Demokratien, und dem entsprechend hat auch das BVerfG 2004 bezüglich des Großen Lauschangriffs entschieden: "Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gehört die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Jede Erhebung von Informationen aus diesem Bereich muss abgebrochen werden, jede Verwertung ist ausgeschlossen."

Unsere PCs sind zweifellos Bestandteil unserer Wohnungen. Darüber hinaus repräsentieren sie bei vielen mittlerweile den intimsten Ort ihrer Wohnungen überhaupt. Es finden sich dort private wie geschäftliche Korrespondenz, wichtige Unterlagen, Zugangsdaten, Inhalte für Chatrooms, Single-Börsen, Diskussionsforen, Communities oder Beratungsstellen. Wenn das o.g. BVerfG-Urteil besonders für einen Teil unserer Wohnungen gelten muss, dann für unsere PCs, ansonsten verkommt Artikel 13 GG zur Farce.

Dennoch gibt es derzeit Überlegungen, Online-Durchsuchungen auch ohne
a) begründeten Tatverdacht in Fällen von Schwerstkriminalität
b) richterliche Anordnung
c) Benachrichtigungspflicht an die Betroffenen
zu erlauben.

d) Darüber hinaus sogar Überlegungen, den Artikel 13 des Grundgesetzes entsprechend zu ändern.

Es gibt Kräfte in diesem Land, die unsere freiheitliche Demokratie zerstören wollen, um sie angeblich zu schützen. Diese Ansicht ist pervers, und meines Erachtens eine größere Gefahr als es islamistisch radikal-militante Terroristen je sein könnten.

Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, wie Sie zu den genannten Punkten stehen, und was Sie gegen den Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Verfassung tun wollen.

Mit freundlichen Grüßen

O. Petras

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Petras,

herzlichen Dank für Ihre Frage zu der von Bundesinnenminister Schäuble (CDU) propagierten heimlichen Online-Durchsuchung von Privatcomputern, für deren urlaubsbedingt verspätete Beantwortung ich Sie zunächst um Entschuldigung bitte.

Ich kann Ihre Sorge sehr gut verstehen. Die SPD ist deshalb bei den umstrittenen Online-Ausspähungen auch zu keinem „Schnellschuss“ bereit. Das von Herrn Schäuble geplante Ermittlungsinstrument ist derzeit weder aus verfassungsrechtlicher noch aus technischer Sicht entscheidungsreif. Eine der unverzichtbaren Bedingungen für dieses Instrument wäre sicherlich die Kontrolle durch unabhängige Richter. Angesichts der Reichweite eines solchen Eingriffes in die Privatsphäre plädiere ich dafür, zunächst in dieser sensiblen Frage die Entscheidung und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zu einer Klage gegen nordrhein-westfällische Online-Durchsuchung abzuwarten.

Unabhängig davon muss aber die sogenannte Novelle des BKA-Gesetzes - ohne verdeckte Online-Durchsuchungen - vorangetrieben werden, damit das Bundeskriminalamt die im Rahmen der Föderalismusreform von der SPD durchgesetzten, präventiven Befugnisse im Kampf gegen den internationalen Terrorismus erhält.

Mit freundlichem Gruß

Klaus Hagemann MdB