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Klaus Hagemann
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Frage von Anna W. •

Frage an Klaus Hagemann von Anna W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hagemann,

mein Name ist Anna Wehrheim und ich bin Schülerin der 12 Klasse des Gymnasiums am Römerkastell in Alzey. Im Rahmen meiner Facharbeit "Von der Politikverdrossenheit der Bürger zur Bürgerverdrossenheit der Politiker- Befindet sich die repräsentative Demokratie in der Krise?" beschäftige ich mich unter anderem mit der sich wandelnden Protestkultur in unserem Land und interessiere mich deshalb für Stimmen von Bürgern und Politkern zu ihrem subjektiven Empfinden des Verhältnisses von den Regierenden zu den Regierten.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich in meiner Arbeit unterstützen könnten, indem Sie den angehängten Fragebogen beantworten.
Schon jetzt vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe.

Mit freundlichen Grüßen

Anna Wehrheim

1) Wie bewerten Sie die aktuelle Protestkultur in Deutschland, im Hinblick auf die Demonstrationen gegen Stuttgart 21 und die Proteste gegen Castortransporte?

2) Wie bewerten Sie die momentan praktizierte Kommunikation zwischen Parlament und Öffentlichkeit?

3) Was kann Ihrer Meinung nach getan werden, um diese Kommunikation in Zukunft aufrechtzuerhalten, beziehungsweise zu verbessern?

4) Halten Sie persönlich Volksentscheide auf Bundes- und/ oder Länderebene für sinnvoll?

5) Haben Sie alternative Vorschläge, die Bürger besser in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden und die Akzeptanz der Bevölkerung für bereits getroffene Entscheidungen zu erhöhen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Wehrheim,

danke für Ihre Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte.

1. Der gewaltfreie Protest ist ein grundgesetzlich verbrieftes Recht und ein Ausweis gelebter Demokratie. Ich selbst habe mich mehrfach an Demonstrationen beteiligt, zuletzt am Wormser Montagsspaziergang gegen die Laufzeitverlängerung des AKW Biblis. Klar ist aber auch, dass nur dagegen sein nicht reicht. Wer mit politischen Entscheidungen unzufrieden ist, sollte sich konstruktiv einbringen und politisch beteiligen.

2. Das Fiasko um Stuttgart 21 zeigt, dass die Politik den Menschen besser zuhören muss. Mit dem öffentlichen Petitionsverfahren gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, Unterstützer für Anliegen zu sammeln und Vorschläge aktiv an das Parlament heranzutragen. Wer innerhalb von drei Wochen 50.000 Unterstützer hinter sich versammelt, wird in einer Sitzung des Petitionsausschusses öffentlich angehört. Die Petition gegen Internetsperren etwa zeigt, dass engagierte Bürgerinnen und Bürger durchaus Einfluss nehmen können - nicht nur alle vier Jahre an der Wahlurne. In diesem Fall wurde von den Petenten erreicht, dass ein Gesetz nicht zur Anwendung gebracht wird.

3. Wir brauchen neue Dialog- und Beteiligungskonzepte. Der Runde Tisch zu Stuttgart 21 etwa wäre, hätte man ihn gleich zu Beginn der Planungen eingerichtet, ein angemessenes Forum zur Diskussion dieses Sachverhalts gewesen. Im Nachgang, wenn Entscheidungen bereits getroffen und Aufträge vergeben sind, ist eine Befriedung solcher Konflikte leider nur sehr schwer möglich.

4. Die Akzeptanz politischer Entscheidungen hängt auch davon ab, inwieweit sich die Bürgerinnen und Bürger an deren Zustandekommen beteiligt sehen. Mehr direkte Demokratie bedeutet mehr politische Teilhabe und Transparenz. Deswegen befürworte ich Volksentscheide - auch auf Bundesebene.

5. Die Bürgerinnen und Bürger müssen bei der Planung und Durchführung von Projekten größeren Umfangs frühzeitig eingebunden sein. So können ihre Anregungen aufgegriffen werden. Dies führt letztlich zu einer viel breiteren und schnelleren Akzeptanz politischer Entscheidungen in der Bevölkerung. Bei größeren Bauvorhaben wie Stuttgart 21 dürfen die Menschen nicht erst beim Planfeststellungsverfahren eingebunden werden, sie müssen vielmehr von Beginn an beteiligt sein.

Sollten Sie ergänzende Fragen haben, steht Ihnen mein Büro zur Verfügung. Gerne würde ich mich mit Ihnen persönlich unterhalten, um das Thema zu vertiefen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hagemann