Frage an Klaus Brähmig von Thomas F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Brähmig,
Sie sind bezüglich Bahnreform der Auffassung, daß sich der Staat auf seine hoheitlichen Aufgaben beschränken solle. Dem steht jedoch dessen Engagement im Bankensektor entgegen. Wie ist es sonst möglich, daß sage und schreibe 10 Milliarden Euro Steuergelder in die Stützung der IKB-Bank geflossen sind und diese dann für ca. 300 Millionen Euro an Lone Star, welcher der Familie Bush recht nahe steht, verkauft wird. Auf der anderen Seite begründet Herr Steinbrück die Reduzierung der Pendlerpauschale mit Sparzwängen. Meines Erachtens ist diese Politik nicht nur ein Betrug am Bürger, nein, das grenzt schon an ein Verbrechen. Wie ist Ihre Meinung zu diesen Sachverhalten?
Viele Grüße
Thomas Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
vielen Dank für Ihre Zuschrift auf abgeordnetenwatch.de, in der Sie sich kritisch mit der
Bankenkrise auseinandersetzen. Zu Ihrer Anfrage möchte ich wie folgt Stellung nehmen:
Grundsätzlich kann ich Ihren Unmut nachvollziehen. Auch ich habe die Entwicklungen auf dem deutschen Finanzmarkt mit zunehmender Sorge verfolgt. In ihrem Schreiben beziehen Sie sich auf meine Antwort an Herrn Weber vom vierten September. Dort habe ich mich, wie Sie richtig erwähnten, dafür ausgesprochen, dass der Staat sich grundsätzlich „auf seine hoheitlichen Aufgaben beschränken und nicht Unternehmer spielen“ soll. Diese Aussage bezog sich gerade auch auf die jüngsten Erfahrungen aus der Bankenkrise.
Auch ich bin der Meinung, dass der Staat marode Banken nur in Ausnahmefällen retten soll. Die massive Finanzspritze des Bundes ist mir und der CDU/CSU-Fraktion, angesichts der Grundregeln unserer Wirtschaftsordnung und der erheblichen Belastung der öffentlichen Haushalte, schwer gefallen. Aber die Rettung der IKB durch die Bundesregierung war notwendig, um die Ausweitung der Krise zu verhindern. Diese Entscheidung war zu dem Zeitpunkt ein Ergebnis aus der Abwägung der aus der Krise resultierenden Risiken und den darauf entstandenen Belastungen für den Bundeshaushalt. Denn trotz ordnungspolitischem Bedenken, wäre ein kaum absehbarer Vertrauensschaden weit über den Finanzplatz Deutschland hinaus entstanden, wenn dieses mit hoher Bonität eingestufte Kreditinstitut vom Markt hätte gehen müssen. Bekanntlich verfügt die IKB über Einlagen in Höhe von etwa 24 Mrd. €, von denen etwa 18 Mrd. € von Banken und Sparkassen gehalten werden, während 6 Mrd. € in der Hand von verschiedenen Nichtbanken sind. Eine Insolvenz hätte also erhebliche Auswirkungen auf den gesamten deutschen Finanzmarkt gehabt.
Bei solch schwerwiegenden Vorfällen gilt es, meiner Ansicht nach, die richtigen politischen Konsequenzen zu ziehen. Kurzfristig ist es wichtig, die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen zu bewältigen. Im Zentrum steht die Wiedergewinnung von Vertrauen. Alle Marktakteure sollten Besonnenheit und Verantwortungsbewusstsein walten lassen. Die Banken sollten mögliche Wertberichtigungen und Verluste schnell offenlegen, um Misstrauen auf den Finanzmärkten und im realwirtschaftlichen Sektor abzubauen. Ziel unserer Finanzmarktpolitik ist es, die Selbstregulierung der Märkte und die Verantwortung der Marktteilnehmer hervorzuheben. Dazu wurde bereits die Zusammenarbeit zwischen Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbessert und die Aufgabengebiete bei der Bankenaufsicht klar zugeordnet. Die Eigenkapitalanforderungen an Verbriefungen sind gemäß Basel II verschärft worden. Darüber hinaus wollen wir die Rolle der Rating-Agenturen kritisch hinterfragen, die Bilanzierung von Finanzierungsinstrumenten überprüfen und die Regulierung nach Abstimmung auf europäischer und internationaler Ebene prüfen.
Der Argumentation folgend unterstützt die CDU/CSU Bundesfraktion auch den Verkauf an den US-Investor Lone Star. Er stellt unter den gegebenen schwierigen Marktbedingungen die bestmögliche Lösung dar. Denn eine Insolvenz der IKB hätte, wie oben aufgeführt, dem Finanzplatz Deutschland und in der Wirtschaft selbst zu tiefgreifenden Verwerfungen geführt und wäre den Steuerzahler teurer zu stehen gekommen als die Stützungsmaßnahmen. Auch nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes hat der Bund bei der Rettung keine Fehler gemacht. Mit der jetzt gefundenen Lösung gibt es für Bund nun keine unüberschaubaren Risiken mehr.
Zur Vereinbarkeit der Finanzspritzen des Bundes einerseits und der Reduzierung der Pendlerpauschale aus Sparzwängen heraus, möchte ich Ihnen folgendes antworten. Persönlich hege ich eine große Sympathie für die Forderung nach der Wiedereinführung der Pendlerpauschale. Denn aufgrund der Reformen am Arbeitsmarkt haben wir den Arbeitern und Angestellten auch ein deutlich höheres Maß an Flexibilität bei der Arbeitsplatzsuche abgefordert. Das Bundesverfassungsgericht hat im September 2008 die Verhandlungen zu diesem Themenkomplex aufgenommen und für Dezember 2008 wird das Urteil erwartet. Insofern halte ich es für richtig, dass wir das Urteil des BVG abwarten und uns bis dahin Gedanken darüber machen, wie eine Rückkehr zur Pendlerpauschale finanziert werden soll. Das ist meine Vorstellung von verantwortlicher Politik.
In der Hoffnung, dass ich Ihnen meinen Standpunkt verdeutlichen konnte verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Klaus Brähmig