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Klaus Brähmig
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Frage von Matthias Schreiber S. •

Frage an Klaus Brähmig von Matthias Schreiber S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brähmig,

im Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist zu lesen:
[Zitatanfang] (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. [Zitatende]

Wie ist dieser Artikel mit der Tatsache in Übereinklang zu bringen, dass es nach dem Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung dem Staat erlaubt ist zum Beispiel elektronische Kommunikationsdaten aus Arztpraxen zu speichern, die von Geistlichen oder von Abgeordneten nicht?

Ich persönlich lehne jede Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat zum späteren Gebrauch ab.
Ich bin der Auffassung, dass allein schon die Tatsache, dass man sich zukünftig nicht mehr sicher sein kann, wer was wann protokolliert einen erheblichen Eingriff in meine persönliche Freiheit darstellt - unabhängig davon, dass man als Arzt schon seine Schweigepflicht nicht mehr garantieren kann.

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Schreiber,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 2. Dezember 2007, in der Sie sich kritisch mit dem Thema "Vorratsdatenspreicherung" auseinandersetzen. Da Sie als Chefarzt einer radiologischen Fachabteilung aus meinem Wahlkreis verantwortlich mit den Daten Ihrer Patienten umgehen wollen und müssen, kann ich Ihre grundsätzliche Sorge verstehen.

Allerdings muss ich Ihnen mitteilen, dass der Gleichheitsgrundsatz des GG hier nicht verletzt wird, denn gespeichert werden nach dem neuen § 113a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) die Daten von allen Telekommunikationsanschlüssen - unabhängig davon, auf wen der Anschluss angemeldet ist. Auch Daten, die beispielsweise bei meinem privaten oder beruflichen Telekommunikationsanschluss anfallen, werden also gespeichert.

Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Strafverfolgungsbehörden von den Telekommunikationsunternehmen gespeicherte Daten herausverlangen können. Das ist - unter den in § 100g der Strafprozessordnung (StPO) im Einzelnen geregelten Bedingungen - nur zulässig bezüglich des Beschuldigten und seiner Nachrichtenmittler (das sind Personen, dessen Anschluss der Beschuldigte nutzt oder die z. B. von dem Beschuldigten herrührende Mitteilungen entgegennehmen). Nach dieser Regelung könnten die Strafverfolgungsbehörden also grundsätzlich auch die Verkehrsdaten von Telefonaten des Beschuldigten mit seinem Verteidiger, einem Geistlichen oder einem Abgeordneten herausverlangen.

An dieser Stelle setzt aber die Neuregelung des § 160a StPO an, die den Strafverfolgungsbehörden die zielgerichtete Erhebung solcher Daten verbietet und, falls entsprechende Daten dennoch erhoben werden, mit einem Verwertungsverbot belegt. Damit wird das Vertrauensverhältnis der Bürgerinnen und Bürger zu diesen Personen im besonderen Maße geschützt. Dieser Schutz findet allerdings dann eine Ausnahme, wenn der Verteidiger, der Geistliche oder der Abgeordnete selbst im Verdacht der Beteiligung an der Straftat steht.

Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass der Katalog der Straftaten, die eine Telefonüberwachung nach § 100a StPO rechtfertigen auf schwere Straftaten (Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mind. 5 Jahren rechtfertigen) begrenzt. Auf der anderen Seite darf auch bei der Aufklärung schwerer Straftaten nicht in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingegriffen werden. Aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.7.2005 ergibt sich, dass es unzulässig ist, ein Telefonat abzuhören, wenn in diesem über "innerste Gefühle oder höchstpersönliche Überlegungen" gesprochen wird. Sollte dennoch abgehört werden, so dürfen die gewonnenen Informationen nicht in einem Strafverfahren Verwendung finden. Auch Geheimnisträger wie Journalisten, Ärzte oder Rechtsanwälte werden insofern geschützt, als dass sie nur nach sorgfältiger Abwägung im Einzelfall in die Ermittlungen miteinbezogen werden dürfen.

In der Hoffnung, dass ich mit meinen Ausführungen Ihre Befürchtungen entkräften und zur Objektivierung der Sachlage beitragen konnte verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Klaus Brähmig MdB