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Frage von Lothar H. •

Frage an Klaus Brähmig von Lothar H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brähmig,

die Sächsische Zeitung veröffentlichte in der Ausgabe vom 17./18. November 2007 Leserbeiträge zum Thema: "Soll die Kanzlerin
mehr für Deutschland tun?" Ich bitte Sie, sich diesen Artikel als Bundestagsvertreter dieses Wahlkreises sehr gründlich durchzulesen. (Archiv) Von 18 Bürgerzuschriften, sagen 16 sinngemäß aus, dass die Kanzlerin viel zu oft und mit zuviel Geldgeschenken im Ausland umherreist.
Die Innerdeutschen Belange werden zu sehr vernachlässigt. Für das eigene Volk ist kein Geld da, obwohl es zur Zeit einen wirtschaftlichen Aufschwung geben soll. ( laut Wirtschaftspresse ) Für Kultur, Bildung, usw. werden die Zuführungen immer mehr gekürzt. Den Rentnern wird nach Nullrunden eine Rentenerhöhung von 0,...% angeboten, welche sich schon bei Auszahlung durch die permanente Teuerungsrate ins Minus umgekehrt hat. Schnelle und eilige Beschlüsse werden ohne große Diskusion nur noch für eigene, in dieser Höhe zur Zeit nicht akzeptablen Diätenerhöhungen gefasst.

Ich bitte Sie als mein Abgeordneter, auf dieses von den Wählern nicht so gewollte Geschehen, als unser Vertreter im Sinne der
Wähler Einfluß zu nehmen. Ich frage Sie, wie Sie auf die vorgenannten Probleme im Sinne Ihrer Wähler einwirken wollen?

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Hoppenz

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Hoppenz,

vielen Dank für Ihre Anmerkungen vom 19. November 2007, in der Sie eine Vielzahl von Themenkreisen ansprechen. Ich möchte dazu wie folgt Stellung nehmen:

Die häufigen Auslandsreisen der Bundeskanzlerin entsprechen dem Stellenwert, den die Bundesrepublik Deutschland in Europa und der Welt genießt. Deutschland ist ein anerkannter politischer Partner und als Wirtschaftsnation, die maßgeblich vom Export abhängig ist, sind gute außenpolitische und wirtschaftliche Kontakte für unser Land von elementarer Bedeutung. Insofern ist auch ein finanzielles, militärisches und diplomatisches Engagement der Bundesrepublik Deutschland in Krisenregionen, beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen, in der Entwicklungshilfe oder bei der Bekämpfung von Hunger und Krankheiten sicherlich ein gute Investition und verdeutlicht die Anerkennung, die Deutschland weltweit genießt. Außenpolitische, militärische und auch wirtschaftliche Bündnisse, die unserem Staat und unserer Sicherheit dienen, sind keine Einbahnstraßen, aus denen sich Deutschland nur die Rosinen herauspicken kann.

Allerdings habe ich teilweise Verständnis für Ihre Kritik, dass derzeit wichtige Entscheidungen aus den Bereichen Wirtschaft und Soziales nicht schnell und nicht entschieden genug angepackt werden. Dies liegt allerdings nicht in der alleinigen Verantwortung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bzw. der Bundeskanzlerin, sondern unser Koalitionspartner SPD sperrt sich in vielen Fragen bzw. meine Fraktion sperrt sich, wo wir fachpolitisch teilweise eine völlig gegensätzliche Sicht vertreten. Schauen Sie sich dazu beispielsweise das Thema Mindestlohn an. Meine Stellungnahme zu dieser Thematik finden Sie übrigens hier auf der Seite. Bedenken Sie bitte insofern, dass hier der Wahlbürger maßgeblich Mitverantwortung trägt, denn er hat bei der letzten Wahl der Großen Koalition die größte Lösungskompetenz bei den drängendsten Problemen zugeschrieben. In vielen Sachfragen gibt es sehr stark abweichende Politikziele. Es war keine Liebeshochzeit, die geschlossen wurde.

Trotzdem hat diese Koalition in den letzten zwei Jahren auch viele Themen auf den Weg gebracht. Die Staatsfinanzen werden saniert, die Arbeitslosigkeit ist deutlich gesunken. In unserer gemeinsamen Heimat waren im Oktober 2007 beispielsweise drei 3 Prozent weniger Arbeitslose zu beklagen als noch vor einem Jahr, und die Wirtschaft fasst durch Steuererleichterungen und bessere Rahmenbedingungen - nach knapp zehn Jahren der Stagnation und Rezession - wieder Fuß.

Aber auch an einem politischen Thema, dass nicht die Massen fasziniert, möchte ich belegen, dass die Große Koalition ihre Verantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung und speziell auch in Ostdeutschland ernst nimmt. Am 8. November 2007 hat der Deutsche Bundestag entschieden, dass die ehemaligen Kriegsgefangenen und die zur Zwangsarbeit verschleppten Frauen aus Ostdeutschland eine symbolische Entschädigung für das erlittene Unrecht erhalten. Die Zwangsverschleppten Frauen erhalten danach eine einmalige Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro und die ostdeutschen Kriegsgefangen eine Entschädigung, gestaffelt nach der Dauer des Gewahrsams, in Höhe von 500 Euro (Entlassungsjahrgänge 1947 und 1948), 1.000 Euro (Entlassungsjahrgänge 1949 und 1950) und 1.500 Euro (Entlassungsjahrgänge ab 1951).

Als Vorsitzender des Parlamentarischen Beirates des Verbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. habe ich im Sommer 2000 einen ersten Gesetzentwurf in meinem Büro erarbeitet, da die ostdeutschen Betroffenen im Gegensatz zu ihren Kameraden aus dem Westen keine staatliche Entschädigung erhalten hatten. Die Mühlen der Demokratie mahlen leider manchmal sehr langsam, aber mit der Verabschiedung des Gesetzes sagen wir als große Volksparteien, es gibt keine Krieggefangenen und Zivildeportierte erster und zweiter Klasse. Eine weitere Gerechtigkeitslücke zwischen Ost und West wird mit diesem Gesetz geschlossen.

Selbstverständlich überrascht die vergleichsweise zügige Diätenerhöhung angesichts der o.g. Thematik den Wähler. Dazu möchte ich grundsätzlich ausführen, dass gemäß Artikel 48 Absatz 3 Satz 1 unseres Grundgesetzes die Abgeordneten des Bundestages einen „Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“ haben. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu unmissverständlich klargestellt, dass diese Entschädigung zwingend von den betroffenen Abgeordneten selbst durch Gesetz festgelegt werden muss. Damit ist sie für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar.

Die Abgeordnetenentschädigung soll der Bedeutung des Amtes als Mitglied eines obersten Verfassungsorgans Rechnung tragen und die unabhängige Ausübung des Mandats gewährleisten. Ihre Höhe orientiert sich nach geltendem Recht an den Gehältern von gewählten hauptamtlichen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mittlerer Kommunen sowie von Richtern an Bundesgerichten. Als vergleichbar mit den Abgeordneten, die Wahlkreise mit 200.000 bis 300.000 Wahlberechtigten vertreten, werden Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern angesehen.

Im Lichte der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet. Sie wurden zuletzt im Jahr 2003 maßvoll angehoben. In der öffentlichen Diskussion blieb dies jedoch letztlich ohne Einfluss auf die Art und Weise der regelmäßig geführten Debatte um die Höhe und die Angemessenheit der Abgeordnetenbezüge.

Die Neuregelung gleicht den bisher entstandenen Rückstand in zwei Schritten aus. Die Abgeordnetenentschädigung wird zum 1. Januar 2008 um 330 Euro auf 7.339 Euro und zum 1. Januar 2009 um 329 Euro auf 7.668 Euro angehoben. Die Anhebung zum 1. Januar 2008 um 330 Euro entspricht einem Prozent-Satz von 4,7. Dieser Steigerungssatz liegt damit unter dem Anstieg der durchschnittlichen Erwerbseinkommen seit der letzten Diätenerhöhung im Jahr 2003. Mit der Anhebung um weitere 329 Euro zum 1. Januar 2009 wird dann die Orientierungsgröße erreicht (B 6, Bürgermeisterbesoldung), jedoch ohne die anteiligen Sonderzahlungen (*„Weihnachtsgeld“*) für die kommunalen Wahlbeamten und Bundesrichter. Sie sind *nicht* Bestandteil der Abgeordnetenentschädigung. Abgesehen davon verfügen ich als Abgeordneter über keinen Dienstwagen mit Fahrer und muss eine doppelte Haushaltsführung (Wohnung in Berlin und Papstdorf) finanzieren. Als Abgeordneter fühle ich mich durchaus finanziell privilegiert, aber im Verhältnis zu den Wahlbeamten, über deren Besoldung interessanter Weise keine öffentliche Diskussion geführt wird, auch nicht überbezahlt. Eine Anhebung der Entschädigung wird zukünftig nur noch erfolgen, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter ändert. Gleichzeitig darf ich darauf

Sehr geehrter Herr Hoppenz,

als Ihr direkt gewählter Bundestagsabgeordneter werde ich mich auch in Zukunft intensiv um die Belange der einheimischen Bevölkerung kümmern. Die Bundesrepublik Deutschland ist aber nicht isoliert auf der Welt. Ohne verlässliche Partner und ohne ein partnerschaftliches Miteinander werden wir die Probleme in Europa und der Welt nicht lösen. Hilfe zur Selbsthilfe für Entwicklungsländer und Krisenregionen ist keine nutzlose Investition. Man sollte Krisen wie Hungersnöte, Naturkatastrophen und die Folgen militärischer Auseinandersetzungen in den armen und ärmsten Ländern immer vor Ort bekämpfen und gerade dort auch in die Bildung investieren. Dies ist eine vorausschauende Politik, denn über eines müssen wir uns im klaren sein: Wenn wir diese Probleme nicht dort vor Ort lösen, werden sich die Wanderungsbewegungen beispielsweise aus der armen Südhalbkugel in den vermeintlich reichen Norden weiter vergrößern. Mit einer solchen Politik wäre weder den Menschen in diesen Regionen noch den Menschen in Europa geholfen. Wir müssen diesen Menschen vor Ort helfen, damit auch sie eine gute und gesicherte Zukunft für sich und ihre Familien vor Ort aufbauen können.

In der Hoffnung, dass ich zu etwas mehr Verständnis für die außenpolitischen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, die manchmal langsamen Entscheidungswege in einer Demokratie und die Thematik der Abgeordnetenentschädigung beitragen konnte verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Klaus Brähmig MdB