Frage an Klaus Brähmig von Romann S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Brähmig,
ich verfolge öfters die Bundestagsdebatten über den Fernsehsender Phoenix.
Dabei fällt mir immer wieder auf, dass die Abgeordnetensitzplätze sehr unterschiedlich besetzt sind. Meiner Meinung nach richtet sich die Teilnahme der Abgeordneten nach den persönlichen Interessen und nicht nach dem was die eigentliche Hauptaufgabe der Abgeordneten ist, nämlich die Interessen ihrer Wähler im Bundestag zu vertreten. Ich weiß dass die Abgeordneten auch noch andere Aufgaben haben. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Terminpläne nicht so abgestimmt werden können dass die Teilnahme an Parlamentssitzungen oberste Priorität hat. Auf keinen Fall dürfte es so sein, dass Abgeordnete zum Beispiel lieber an einer Aufsichtsratsitzung teilnehmen können um ihr Zusatzeinkommen zu sichern.
Sehr geehrter Herr Brähmig mich würde Ihre Meinung dazu interessieren.
Mit freundlichen Grüßen.
Romann Sacher
Sehr geehrter Herr Sacher,
vielen Dank für Ihre Frage auf der Seite www.abgeordnetenwatch.de, in der sie sich kritisch mit der mangelnden Präsenz der Abgeordneten in den Plenardebatten des Deutschen Bundestages auseinandersetzen. Ich möchte dazu wie folgt Stellung nehmen:
In der Bevölkerung wird immer wieder Kritik über die fehlende Präsenz der Abgeordneten im Plenum laut. Diese Kritik übersieht jedoch die eigentliche Ausrichtung des Deutschen Bundestages als Mischform aus Arbeits- und Redeparlament. Im Gegensatz zum britischen Unterhaus, in dem nahezu alle Fragen im Plenum diskutiert und erörtert werden, hat sich die parlamentarische Arbeit des Deutschen Bundestages größtenteils in die jeweiligen Fachausschüsse verlagert. Der Bundestag wird daher auch als Ausschussparlament bezeichnet. Der Vorteil dieser Struktur und Arbeitsweise liegt in Zeiten von immer komplexer werdenden und sich rasant verändernden Themenbereichen in der Spezialisierung der einzelnen Abgeordneten.
Als tourismuspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion bin ich beispielsweise für alle Fragen rund um den Tourismus zuständig, während sich meine Kollegen Eckhart von Klaeden MdB mit Außenpolitik und Laurenz Meyer MdB mit Wirtschaft und Technologie in den jeweiligen Arbeitsgruppen und Ausschüssen befassen.
Eine groß angelegte Debatte über eine Gesetzesvorlage findet im Plenarsaal nicht mehr statt, sondern sie wird nur noch verkündet. Den unterschiedlichen Fraktionen wird hier nochmals die Gelegenheit gegeben, öffentlich zu einer Gesetzesvorlage Stellung zu beziehen. In der darauf folgenden Abstimmung wird das Gesetz dann mit der einfachen Regierungsmehrheit verabschiedet. Die Anwesenheit von Abgeordneten, welche nicht an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt waren, ist hierfür nicht nötig. Ausnahmen bilden zentrale Grundsatzthemen, wie beispielsweise Abstimmungen über den Haushalt oder die Gesundheitsreform. Hierfür werden am Donnerstag und am Freitag jeweils die ersten beiden Debattenpunkte als parlamentarische Kernzeit veranschlagt, an der in aller Regel alle Abgeordneten teilnehmen.
Um Forderungen nach fehlender Öffentlichkeit und Transparenz in den Ausschüssen entgegenzuwirken, wurden verschiedene parlamentarische Instrumentarien eingeführt, welche die Rolle des Bundestages aufwerten. Hierzu zählen beispielsweise Anhörungen, die Aktuelle Stunde oder Befragungen der Bundesregierung.
Dass ein Abgeordneter meiner Meinung nach wichtigere Termine wahrnehmen sollte, als sich beispielsweise im Bundestag mit der Färbung und Krümmung von Bananen vor dem Hintergrund der EU-Bananenverordnung beschäftigen zu müssen, möchte ich Ihnen zum Schluss an meinem eigenen Arbeitsalltag kurz verdeutlichen.
Neben meiner Funktion als tourismuspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion setze ich mich als direkt gewählter Vertreter des Wahlkreises Sächsische Schweiz – Weißeritzkreis intensiv für die Angelegenheiten und Probleme aus der Region ein. So werbe ich beispielsweise bei Banken für neue Kredite, um mittelständische Unternehmen vor dem Konkurs zu bewahren bzw. ihnen eine Expansion zu ermöglichen. Mit diesem Engagement als Moderator kann ich einen Beitrag dazu leisten, dass Arbeitsplätze erhalten bzw. neue geschaffen werden. Mit großer Sicherheit würden dieser Einsatz und andere Tätigkeiten für den Wahlkreis leiden, wenn ich einer vollständigen Präsenzpflicht im Deutschen Bundestag nachkommen müsste.
Wie Sie sehen, setze ich als direkt gewählter Abgeordneter bestimmte Prioritäten bei meiner Arbeit, dass heißt aber nicht, dass ich mich nicht mit anderen Politikthemen beschäftige. Im Fraktionsvorstand und in der Fraktionssitzung werden alle relevanten Gesetzesinitiativen und politischen Entscheidungen von den Spezialisten erklärt und offen diskutiert.
In der Hoffnung, Ihre Frage beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen