Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Gerhard R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Kappert-Gonther,
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Eine seltene Art des Hörverlusts ist der neurale Hörverlust. Bei dieser hochgradigen und dauerhaften Art des Hörverlustes ist der Hörnerv geschädigt oder fehlt ganz. Sinnesreize können also nicht ans Gehirn weitertransportiert werden. Hörgeräte und Cochlea-Implantate helfen nicht.
Es kommt vor, dass ein Hörgerätegeschäft die erwähnten Geräte an Schwerbehinderte verkauft.
Wie kann erreicht werden, dass der Inhalt des ersten Absatzes allgemein bekannt wird?
Mit freundlichen Grüßen
G. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Für die Verwendung eines Cochlea-Implantats müssen Hörnerv und Hörbahn funktionsfähig sein. Bei einem neuralen Hörverlust ist diese Funktionsfähigkeit – wie Sie selbst schreiben – nicht mehr gegeben. Wenn Hörgeräte trotzdem als Hilfsmittel eingesetzt werden, handelt es sich um eine klassische „Fehlversorgung“ und Missachtung der Bedarfe der Patient*innen. Diese hilft den Patientinnen und Patienten nicht, rentiert sich aber für die Hersteller und den Verkauf. Zwar entstehen dadurch nicht unbedingt direkte Kosten für die Betroffenen, da die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Implantate und Anschlusstherapien trägt. Nichtsdestotrotz belastet die Fehlversorgung natürlich die Solidargemeinschaft der Versicherten und die Betroffenen bekommen nicht die Hilfe, die sie benötigen. Das kann für die Betroffenen mit erheblichen Schädigungen einhergehen.
Patientinnen und Patienten müssen aus diesem Grund besser vor medizinischen Eingriffen geschützt werden, deren Nutzen fragwürdig ist. Der Sachverständigenrat Gesundheit schlägt in seinem Gutachten von 2018 zum Beispiel vor, die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten durch gezielte Patienteninformationen zu stärken. Dem bestehenden Portal des IQWiG gesundheitsinformationen.de, das als umfangreiches Nachschlagewerk für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen dienen und Orientierung in dieser Informationsflut bieten soll, fehlt bislang die Bekanntheit, um als erste Anlaufstelle für die BürgerInnen zu fungieren. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 erhält die Website jährlich etwas mehr als 10 Millionen Aufrufe, während das englische Pendant NHS Choices etwa 10 Millionen Mal jede Woche aufgerufen wird. Die Bundesregierung steht in der Pflicht, das Portal deutlich bekannter zu machen.
Darüber hinaus wollen wir Grüne im Bundestag die Unabhängige Patientenberatung (UPD) unter dem Dach einer unabhängigen Patientenstiftung neu aufstellen und für verlässliche Finanzierung und Planungssicherheit sorgen. Mit dem 1. Januar 2016 wurde die von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Förderung der UPD von knapp fünf auf rund neun Millionen Euro erhöht. Damit sollte die UPD weiter ausgebaut werden. Doch gleichzeitig mit dem höheren Etat wurde die Trägerschaft der UPD europaweit ausgeschrieben und an ein kommerzielles Unternehmen vergeben, das gleichzeitig auch für Pharmahersteller und Krankenkasse tätig ist. Mit Billigung der Bundesregierung und des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung verwandelte der neue Träger die UPD in ein bloßes Callcenter. Die bis dahin 30 festen Büros zur persönlichen Beratung vor Ort wurden abgeschafft. Trotz einer mittlerweile auf etwa zehn Millionen Euro angewachsenen Fördersumme stagnieren die Beratungszahlen. Expertinnen und Experten kritisieren zudem die unzureichende Qualität der Beratung.
Das darf so nicht weitergehen. Unser Ziel ist eine unabhängige und kompetente Beratung – am Telefon oder per Videokonferenz, per E-Mail, Chat oder persönlich vor Ort. Die von uns vorgeschlagene Stiftung soll von Patienten- und Verbraucherorganisationen sowie der Selbsthilfe getragen werden. Ihr Ziel soll zunächst sein, der UPD Unabhängigkeit und Planungssicherheit zu verleihen. Sie soll es ermöglichen, das Beratungsangebot langfristig bedarfsgerecht auszubauen und weiterzuentwickeln. Die Stiftung soll darüber hinaus dazu beitragen, die Stimme der Patientinnen und Patienten in unserem Gesundheitswesen deutlich hörbarer zu machen. Dazu könnte sie ausgehend von ihren Beratungsaufgaben beispielsweise die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss fachlich unterstützen sowie verlässliche und evidenzbasierte Gesundheitsinformationen anbieten.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther