Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Simon R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonthner,
meine Frage dreht sich um Prävention von Drogen Missbrauch.
Was halten Sie von dem folgenden Konzept?
In Deutschland braucht man einen Führerschein um ein Auto, Motorrad, LKW oder Mofa fahren zu dürfen. Dies hat zur Grundlage dass man potentiell eine Gefahr für sich und vor allem andere darstellt, wenn man nicht hinreichend geschult und über Gefahren aufgeklärt ist.
Dieses Konzept lässt sich meine Meinung nach auch auf Drogen erweitern.
Der Drogenführerschein kann erworben werden, indem man aufklärende Schulungen besucht. Erst gegen Vorlage dieses Dokuments kann man Drogen erwerben. So wird verantwortungsvoller Konsum gefördert. Natürlich birgt jede Droge andere Gefahrenquellen, daher ist es wichtig, dass - wie auch beim normalen Fahrzeug Führerschein - für jede Droge eine zusätzliche Schulung durchgeführt werden muss.
Zusätzlich könnte man so das Konsumverhalten der Bevölkerung leichter erfassen. Gerade unter dem Gesichtspunkt dass bei der Legalisierung von Cannabis vermutlich auch der Alkohol Konsum rückläufig sein dürfte.
Natürlich sollte auch Tabak und Alkohol auf diesem Dokument mit aufgeführt sein.
Ich spreche mich für einen verantwortungsvollen rausch aus, sehe jedoch dass viele unerfahrene Konsumenten einen Drogen Missbrauch pflegen.
Über Antwort oder Rückfragen würde ich mich freuen.
MfG
S. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihren konstruktiven Vorschlag. Wir Grüne wollen einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik und setzen dabei auf Prävention, Hilfe, Schadensminderung, Entkriminalisierung und Forschung.
Der Krieg gegen Drogen ist gescheitert. Kriminalisierung und Repression sind keine erfolgreichen Mittel gegen schädlichen Drogenkonsum. Viele Menschen leiden unter den Folgen dieser Politik. Wir fordern, dass das Selbstbestimmungsrecht der Menschen geachtet und gesundheitliche Risiken minimiert werden.
Deswegen haben wir das Cannabiskontrollgesetz in den Bundestag eingebracht. Wir fordern eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an volljährige Konsument*innen in Cannabisfachgeschäften. Damit könnte der Gesundheits- und Jugendschutz verbessert werden. Auf dem Schwarzmarkt fragt niemand nach dem Ausweis und es gibt keine Informationen über die Zusammensetzung und Konzentration der Wirkstoffe.
In dem Gesetzentwurf ist verankert, dass das Verkaufspersonal an einer Schulung zum verantwortungsvollen Verkaufen teilnehmen und sich regelmäßig fortbilden muss. Die Schulungen sollen bei den Landes- oder Fachstellen für Suchtprävention durchgeführt werden. Die Teilnehmer*innen würden nach erfolgreicher Teilnahme ein Zertifikat erhalten. Das entspricht in etwa einem Drogenführerschein. Der Unterschied zu Ihrem Vorschlag wäre, dass nur das Verkaufspersonal die Schulung besuchen müsste. So wird eine zusätzliche Kriminalisierung (bei Verstoß) der Konsumierenden vermieden und der bürokratische Aufwand in einem angemessenen Rahmen gehalten. Die Mehrzahl der volljährigen Konsument*innen praktiziert keinen riskanten Gebrauch von Cannabis.
Wer Kunde in einem Cannabisfachgeschäft wäre, würde dort durch das Personal über die Suchtrisiken der angebotenen Cannabisprodukte und riskante Konsummuster sowie über schadensminimierende Konsumformen, wie tabaklosen Konsum aufgeklärt werden. Liegen Anzeichen für ein abhängiges oder riskantes Konsummuster vor, muss die Beratung auch Möglichkeiten der Suchtberatung und der ambulanten und stationären Therapie umfassen.
Schon jetzt bemühen sich viele Konsumierende um einen mündigen Konsum. Sie informieren sich selbst und tauschen sich im Internet auf hohem Niveau über Substanzen, die Wirkungen und die Risiken aus. Das ist notwendig, weil die repressive Politik gute Aufklärung stellenweise verhindert. Beispielsweise findet Drug Checking bestenfalls in einer rechtlichen Grauzone statt. Auch an Schulen wird die Aufklärung beispielsweise über Cannabis weniger intensiv betrieben als es nötig wäre, weil Präventionsangebote sich dem Vorwurf der Verharmlosung ausgesetzt sehen.
Auch bei Alkohol und Tabak fordern wir ein Umdenken und einen Politikwechsel. Alkohol und Tabak führen zu den meisten Todesfällen, deswegen setzen wir uns dafür ein, dass gerade bei diesen Substanzen intensiver auf die Gefahren hingewiesen wird. In diesem Kontext haben wir ein Gesetz zum Verbot der Tabakwerbung in den Bundestag eingebracht. Für Drogen sollte meiner Ansicht nach generell nicht geworben werden dürfen.
Wer abhängig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Wir wollen die gruppenspezifischen und niederschwelligen Angebote in der Drogen- und Suchthilfe stärken. Gefährdungen wollen wir durch risikominimierende Maßnahmen, wie Spritzentauschprogramme, Drogenkonsumräume und Substanzanalysen, entgegentreten. Dazu gehört auch die menschenwürdige Behandlung von Schwerstabhängigen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther MdB