Frage an Kerstin Westphal von Carmen F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo frau Westphal,
Ich habe gerade aus einer ernstzunehmenden Quelle erfahren, das EU-Abgeordnete von ihrer Fraktion vor den Abstimmungen eine Abstimmliste erhalten, die sie bei den Abstimmungen "abarbeiten". Wenn Abgeordnete mehrmals gegen die Fraktionsentscheidung stimmen würden, erhielten sie dadurch finanzielle oder auch persönliche oder politische Nachteile.
1. Gibt es eine solche Abstimmungsliste?
2. Welche Konsequenzen ergeben sich , falls der Abgeordnete nicht nach Fraktionsmeinung abstimmt.
3. Treffen sie ihre Abstimmungsentscheidungen nach persönlicher Recherche und intensiver Behandlung mit dem Thema, oder nach Listen, Empfehlungen etc?
4. Wer beantwortet die Anfragen an sie, sie selbst, persönliche Mitarbeiter, oder Fraktionsangestellte unter ihrem Namen?
5. Sind die Antworten, die sie geben Standartantworten der Fraktion, mittels Copy/Paste, oder aus eigener persönlicher Recherche und Überzeugung?
Ich bitte sie um eine ehrliche Antwort. Vielen Dank schon mal für ihre Mühen.
Mit freundlichen Grüßen
Carmen Fischer
Sehr geehrte Frau Fischer,
vielen Dank für Ihre Frage - genauer gesagt sind es ja 5 Fragen, wobei Ihr Interesse vor allem dem Thema "Abstimmlisten" gilt, von denen Sie kürzlich gehört haben. Dazu möchte ich Ihnen erläutern:
Ja, es gibt solche Listen mit Abstimmungs-Empfehlungen. Anders wäre die Vielzahl der Themen, mit denen wir uns hier beschäftigen und über die wir dann abstimmen, gar nicht zu bearbeiten - von A wie Agrarpolitik bis Z wie Zusammenarbeit & Entwicklung. Wie im Bundestag auch ist die Arbeit hier nach Ausschüssen sortiert, ich selbst bin Mitglied im Regionalausschuss und im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Für die Themen, die ich im Namen der sozialdemokratischen Fraktion bearbeite, erstelle ich eine Abstimm-Empfehlung für die KollegInnen. Im Gegenzug bin ich dankbar für die Empfehlungen von KollegInnen, die an Themen arbeiten, in die ich mich aufgrund der vielfältigen Aufgaben und der mangelnden Zeit nicht so tief einarbeiten kann. Über diese Empfehlungen sprechen wir dann üblicherweise vor der Abstimmung nochmal in den Fraktionssitzungen.
Die dann ausgearbeiteten Listen sind wie gesagt Empfehlungen der Kolleginnen und Kollegen. Grundsätzlich versuchen wir natürlich, im Vorfeld in der Fraktion eine gemeinsame Linie zu erarbeiten. Wir Abgeordneten sind aber nicht an Aufträge und Weisungen gebunden, und müssen keine Konsequenzen fürchten, wenn wir mal gegen die Fraktionsmeinung stimmen.
Zu Ihrer dritten Frage: Meine Abstimmungsentscheidungen treffe ich nach Behandlung mit dem Thema. Dafür sind mir eigene Recherchen genauso hilfreich wie der Austausch mit den zuständigen KollegInnen, die sich zum Beispiel besser mit Fischereirechten oder Entwicklungspolitik auskennen. Sofern deren Empfehlungen mir einleuchten, unterstütze ich diese auch in der Abstimmung im Plenum.
Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Westphal