Frage an Kerstin Tack von Stefan M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrtegerne Frau Tack,
im Rahmen des Angehoerigen-Entlastungsgesetz sieht der Gesetzesentwurf eine sehr deutliche Benachteiligung von Selbstaendigen und Angestellten gegenüber Beamte, Richter oder auch Soldaten vor.
Bei einem Bruttogehalt von 100 T€ haben Beamte eine höheres Netto als Angestellte.
Während ein Bruttoeinkommen von 100.000 € bei einem alleinstehenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu einem Nettoeinkommen von ca. 4.500 Euro und unter Berücksichtigung der zulässigen sekundären Altersvorsorgeaufwendungen zu einer unterhaltsrechtlichen Belastungsfähigkeit von ca. 970 € monatlich führt, würde ein Beamter ein Nettoeinkommen von 4.900 € und unter Berücksichtigung der zulässigen Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von ca. 1.192 € unterhaltsrechtlich leistungsfähig sein.
Beamte werden also bis 4.900 € verschon, Angestellt "nur" bis 4.500 €
Ist diese Privilegierung von hochdotierten Beamten so gewollt?
Da bei Geschwister die Aufwendungen Quotal aufgeteilt wird, würde der Beamte sogar gar nichts bezahlen müssen und das angestellte Geschwisterkind den vollständigen Betrag, obwohl das angestellte Geschwisterkind weniger Netto erhaelt wie das verbeamtete Geschwisterkind.
Die Regelung ist sozial absolut ungerecht.
Eine Regelung ueber ein zu versteuerndes Einkommen waere gerechter.
Kann hier im Ausschuss Soziales vielleicht noch Einfluss genommen werden?
Mit freundlichsten Gruessen
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.de, die ich gerne beantworte. Entschuldigen Sie auch bitte die verspätete Antwort auf Grund der parlamentarischen Sommerpause, aber eine Zwischeninformation meines Büros haben Sie ja erhalten.
Die 100.000-Euro-Grenze besteht als Bruttojahreseinkommensgrenze seit Schaffung des Sozialgesetzbuches XII (SGB XII) am 1. Januar 2005. Sie finden die Regelung dort im Vierten Kapitel, konkret in § 43 Abs. 5. Sie hat sich über diesen langen Zeitraum nachweislich bewährt und soll deshalb jetzt ausgeweitet werden. Es wird also niemand schlechter sondern viele Bürgerinnen und Bürger besser gestellt.
Die Entscheidung für eine Bruttojahreseinkommensgrenze ist aus mehreren Gründen getroffen worden. So ist eine am Nettojahreseinkommen festgemachte Grenze für Arbeitnehmer, durch den monatlichen Einkommensnachweis, zwar relativ einfach nachzuweisen ist, bei Selbstständigen oder Arbeitnehmern mit verschiedenen Einkommensarten ist der Nachweis über das Nettojahreseinkommen jedoch deutlich schwieriger. Hier ist der Einkommensteuerbescheid, der das Bruttojahreseinkommen auch aus Vermietung, Verpachtung oder anderem Einkommen klar ausweist, ein deutlich praktikablerer Maßstab, der relativ wenig Bürokratie und Verwaltungsaufwand nach sich zieht. Darüber hinaus eröffnet ein Abstellen auf das Nettoeinkommen zumindest in Paarbeziehungen einen gewissen steuerrechtlichen Gestaltungsspielraum, (insbesondere durch die Wahl der Steuerklassen). In diesen Konstellationen könnte es durchaus zu einem verzerrten Nettoergebnis kommen.
Abschließend bitte ich zu bedenken, dass die 100.000-Euro-Grenze bereits so ausgelegt ist, dass sie eine Entlastung der gesamten Mittelschicht zur Folge hat. Denn es ist nur ein kleiner Teil von Beschäftigten, egal in welcher Form, die ein Bruttojahreseinkommen in dieser Höhe erhalten.
Um noch Ihre abschließende Frage zu beantworten: Ja, im Ausschuss bzw. im parlamentarischen Verfahren könnte auf die Entscheidung eine Bruttojahreseinkommensgrenze zu nutzen noch Einfluss genommen werden. Vor dem Hintergrund meiner Erläuterung wird es Sie aber nicht überraschen, dass ich hier keinen Änderungsbedarf sehe.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Tack