Frage an Kerstin Tack von Sebastian L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Tack,
in den letzten Monaten haben tausende Menschen beim „Aufbruch 2017“ der Bürgerbewegung "Campact!" im privaten oder öffentlichen Rahmen darüber diskutiert und nachgedacht, welche Aufgaben eine neue Bundesregierung nach dem 24.09.2017 dringend angehen sollte.
Über 75.000 Aktive haben über die Ergebnisse dieser Diskussionen abgestimmt. Herausgekommen ist ein Kompass mit 10 Erwartungen an demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritt.
Auch ich beteilige mich beim „Aufbruch 2017“ und lebe in Hannover. Bevor ich am 24. September zur Wahl gehe, möchte ich wissen, wie Sie zu den Themen stehen, die so vielen anderen und mir wichtig sind. Als Campact!-Beteiligter sende Ihnen deshalb unsere 10 wichtigsten Anliegen als Hyperlink zu: https://www.campact.de/aufbruch-2017/bundestagswahl/kompass/
Bitte nehmen Sie sich Zeit, um mir zu erklären, wie Sie und Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung dazu stehen würden. Übergreifend sind mir persönlich ökologische Nachhaltigkeit/aktiver Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit i. S. v. lebenswerter Vergütung von Arbeit/auskömmliche Renten zur aktiven Bekämpfung von Altersarmut sowie gelebte, aktive Demokratie zugunsten aller Bundesbürgerinnen und -bürger besonders wichtig.
Auf Ihre Antwort freue ich mich und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
S. L.
Sehr geehrter Herr Lynen,
vielen Dank für Ihre Frage. Gern möchte ich Ihnen hier meine und die Positionen der SPD zu Ihren 10 Forderungen des Kompass "Aufbruch 2017" mitteilen.
1. Das Gesundheitssystem nachhaltig und gerecht gestalten.
Eine umfassende Bürgerversicherung muss unsere Gesundheitsversorgung auf eine tragfähige Grundlage stellen und die Zwei-Klassen-Medizin beenden.
Antwort:
Die SPD ist der festen Überzeugung, dass unser Gesundheitssystem nur mit mehr Solidarität zukunftsfähig gemacht werden kann. Die Herausforderungen für unser Gesundheitswesen werden wir nur meistern, wenn die Lasten gerechter verteilt werden. D.h. alle Bürgerinnen und Bürger zahlen in ein Versicherungssystem ein, in dem die Beiträge nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip erhoben werden. Die paritätische Bürgerversicherung muss aus unserer Sicht wieder zwingend zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen wieder zu gleichen Teilen unser Gesundheitssystem finanzieren.
2. Eine auskömmliche Rente einführen.
Altern in Würde braucht eine großzügige Mindestrente. Um sie zu finanzieren, sollten alle Einkommensarten in die Rentenversicherung einbezogen werden.
Antwort:
Die Rentenpolitik beschäftigt alle Menschen. Wir wollen die Würde im Alter durch verlässliche Leistungen sichern, ohne die Entwicklungschancen der Jüngeren zu beschränken. Wir setzen deshalb auf eine gesetzlich festgelegte doppelte Haltelinie bei Beitragssatz und Rentenniveau. In einem ersten Schritt wird das weitere Absinken des Niveaus der gesetzlichen Rente (Sicherungsniveau vor Steuern) umgehend gestoppt und bis 2030 mindestens auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent stabilisiert. Dazu bringen wir direkt nach der Bundestagswahl ein Gesetz auf den Weg und ermöglichen den Menschen im Alter ein Leben in Würde. Wir sichern die verlässliche gesetzliche Rente als Fundament für die Sicherung des Lebensstandards im Alter.
Die Einbeziehung der bisher nicht versicherten Selbstständigen ist dabei der erste Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel, die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung auszubauen.
Zudem wollen wir die Solidarrente einführen: Wer 35 Jahre oder länger Beiträge gezahlt hat und/oder Zeiten für Kindererziehung und Pflege angerechnet bekommt, soll einen Anspruch auf eine gesetzliche Solidarrente haben, sofern keine ausreichende Anzahl an Entgeltpunkten und kein umfangreiches sonstiges Einkommen im Haushalt vorhanden ist. Mit der Solidarrente wollen wir ein Alterseinkommen für langjährig Beschäftigte gewährleisten, das zehn Prozent über dem durchschnittlichen Grundsicherungsanspruch am Wohnort liegt. Regional unterschiedliche Wohnkosten werden so berücksichtigt. Das Ziel ist ein möglichst einfaches Verfahren zur Beantragung und Bewilligung ohne Vermögensprüfung. Bei der Einkommensberücksichtigung gibt es angemessene Freibeträge, insbesondere für Partnereinkommen.
3. Den Bahnverkehr attraktiver machen.
Damit niemand den Anschluss verliert, braucht es Investitionen in Busse und Bahnen. Der Staat muss ausreichend in seine Infrastruktur investieren.
Antwort:
Im Schienenpersonenverkehr wollen wir bis 2030 die Anzahl der Kunden verdoppeln. Dazu werden wir in allen Großstädten und wichtigen Mittelzentren im Stundentakt optimale Möglichkeiten zum Umsteigen schaffen. Den dafür notwendigen integralen Taktfahrplan - den Deutschlandtakt - werden wir zügig vorlegen und den notwendigen Ausbau der Schienenwege vorantreiben. Durch eine Reduzierung der Schienenmaut (Trassenpreise) werden die Preise im Personenverkehr entlastet. Die dadurch wegfallenden Einnahmen der DB Netz AG für den Erhalt der Schienenwege werden wir aus dem Bundeshaushalt ausgleichen.
Zu Beginn der 18 WP. haben sich der Bund und die Deutsche Bahn AG auf die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) für die Jahre 2015 bis 2019 geeinigt. Damit stehen allein im Rahmen der LuFV für Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen in die bestehende Schieneninfrastruktur durch Bund und Bahn bis 2019 insgesamt 28 Mrd. Euro zur Verfügung. Dies entspricht einer Steigerung pro Jahr um 1 Mrd. Euro.
Allein die jährlichen Investitionen des Bundes in Erhalt, Neu- und Ausbau haben sich von 2014 Mit 3,99 Mrd. Euro auf 5,3 Mrd. Euro in 2016 erhöht. Die SPD setzt sich auch in Zukunft dafür ein, dass diese Investitionen auf hohen Niveau weiter fortgeführt werden.
Mit der Steigerung der Regionalisierungsmittel des Bundes auf 8,2 Mrd. Euro haben wir auch für den ÖPNV den Grundstein für ein weiteres Wachstum gelegt. Dies entspricht einer Erhöhung gegenüber 2014 um insgesamt 900 Millionen Euro.
Die Verlagerung von mehr Güterverkehr auf die Schiene wollen wir nicht nur durch die Kapazitätserhöhungen der Schienenwege erreichen, sondern auch dadurch, dass wir den Schienenverkehr durch eine geringere Kostenbelastung wettbewerbsfähiger machen. Dazu dient auch die oben bereits angesprochene deutliche Reduzierung der Trassenpreise.
4. Lobbyismus bekämpfen, z.B. durch ein zentrales Lobbyregister.
Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister schafft Transparenz: Es macht ersichtlich, wer auf welchem Weg versucht, demokratische Entscheidungen zu beeinflussen.
Antwort:
Wir wollen ein verpflichtendes Lobbyregister beim Deutschen Bundestag auf gesetzlicher Grundlage einrichten. Die Öffentlichkeit erhält darüber Auskunft, welche Interessenvertretung mit welchem Budget für wen tätig ist.
Zudem werden wir eine "exekutive Fußspur" einführen. Hierdurch wollen wir für alle offenlegen, welchen Beitrag externe Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter bei der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs geleistet haben. Mehr Transparenz heißt auch, dass alle Bundestagsabgeordneten ihre Einkünfte aus Nebentätigkeiten vollständig auf Euro und Cent offenlegen sollen. Für Partei spenden wollen wir künftig eine jährliche Höchstgrenze von 100.000 Euro pro Spenderin oder Spender einführen. Zudem wollen wir Sponsoring im Parteiengesetz regeln. Die Einnahmen daraus sollen im Rechenschaftsbericht veröffentlicht werden.
5. Keine undemokratischen und unfairen Freihandelsabkommen abschließen.
Abkommen wie TTIP, CETA und JEFTA dürfen den Spielraum für demokratische Entscheidungen nicht einschränken.
Antwort:
Die SPD unterstützt nur faire Handelsabkommen, welche die demokratischen Prozesse nicht einschränken. Unser Ziel ist es, in allen Handels-, Investitions-und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten
Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren. Private Schiedsgerichte schließen wir aus.
6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen.
Damit die Demokratie handlungsfähig bleibt, müssen die Steuerverwaltung ausgebaut und das Steuerstrafrecht verschärft werden. Unternehmensgewinne sollten dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden.
Antwort:
Für die SPD hat die Bekämpfung von Steuerbetrug und -vermeidung einen hohen Stellenwert. Steuerbetrüger und Steuervermeider verletzten das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen tief, die sich an der Finanzierung von Staat und Gesellschaft beteiligen. Der Steuervollzug muss von der Steuererhebung bis zur Steuerprüfung für alle gleich und effizient erfolgen. Die SPD setzt sich deshalb dafür ein, dass die Steuerverwaltung personell deutlich aufgestockt wird. Die Kompetenzen der Finanzverwaltung zur Verfolgung von Steuerbetrug müssen ausgebaut werden. Die SPD wird u.a. die Möglichkeiten einer Telefonüberwachung bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung erweitern. Sämtliche aus einer Straftat erlangten Vermögenswerte und alle rechtswidrigen Gewinne sollen künftig eingezogen werden.
Die SPD wird Gewinnverlagerungen international tätiger Konzerne in Niedrigsteuerländer eindämmen. Dazu wollen wir die Empfehlungen des BEPS-Projektes der OECD konsequent und vor allem rasch umsetzen. Die Transparenz grenzüberschreitender Transaktionen muss verbessert, die nationalen Steuersysteme müssen besser aufeinander abgestimmt und der schädliche Steuerwettbewerb muss international beendet werden.
Erforderlich ist außerdem ein umfassendes Programm zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerbetrug. Kein Steuerhinterzieher darf sich mehr hinter anonymen Briefkastenfirmen verstecken können. Die SPD setzt sich deshalb für ein europäisches Transparenzregister ein, in dem alle Eigentümer, Begünstigte sowie die verantwortlichen Personen eines Unternehmens aufgeführt werden. Anonyme Finanzgeschäfte, gleich ob in Steueroasen oder in den großen Finanzzentren, darf es nicht mehr geben. Für Banken, die Steuerhinterziehung geschäftsmäßig unterstützen, muss es harte Sanktionen geben - bis hin zum Entzug ihrer Banklizenz.
7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen.
Die Energiewende wird international bestaunt. Wir müssen sie schnell und entschlossen zu Ende bringen - indem wir Wasser, Wind und Sonne wieder stärker fördern.
Antwort:
Energie muss umweltfreundlich und bezahlbar sein. Gleichzeitig muss die verlässliche Versorgung gesichert bleiben. Das sind für uns drei gleichrangige Ziele der Energiewende.
Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir erneuerbare Energien weiter ausbauen. Erneuerbare Energien aus Windkraft (Off- und Onshore) und Sonnenenergie sind langfristig die kostengünstigste Form der Energieerzeugung. Sie machen uns unabhängig von Öl, Erdgas und Uran aus Konfliktregionen. Sie tragen zur lokalen Wertschöpfung bei und zu einem fairen Energiemarkt.
Damit die Energiewende erfolgreich fortgeführt werden kann, müssen die verschiedenen Energiesektoren stärker verbunden werden. Bisher findet die Energiewende hauptsächlich im Stromsektor statt. Durch Sektorenkopplung soll die Energiewende noch stärker in den Wärme- und Verkehrssektor getragen werden. Speicher und andere Technologien für die Sektorenkopplung sowie die Flexibilisierung und die Digitalisierung der Energiewende wollen wir gezielt durch technologieoffene gesetzliche Rahmenbedingungen sowie durch Forschungs- und Entwicklungsprogramme voranbringen. Der zügige Netzausbau auf Verteil- und Übertragungsnetzebene ist für das Gelingen der Energiewende von entscheidender Bedeutung. Bestehende Stromleitungen sollen mit Hilfe neuer Technologien besser ausgelastet werden. Maßnahmen zur Energieeffizienz werden wir ausbauen.
8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern.
Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir fossile Energien im Boden lassen. Für Deutschland heißt das: bis 2030 raus aus der Kohlekraft.
Antwort:
Der Strukturwandel in der Energiewirtschaft wird sich fortsetzen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) haben wir die Stabilitätsbereitschaft und die Kapazitätsreserve festgelegt und damit den Pfad zur Reduzierung des Anteils von Kohle an die Energieversorgung gelegt.
Ganz besondere Herausforderungen sind in den bisher durch die Braunkohle geprägten Regionen in der Lausitz, im Mitteldeutschen wie auch im Rheinischen Revier zu bewältigen. Hier müssen regionalwirtschaftliche Strukturen auf- und ausgebaut werden, die an die industrielle Tradition dieser Regionen anknüpfen und gute, tarifvertraglich gesicherte Arbeit fördern. Wir werden diese Herausforderung gemeinsam mit den Ländern, den betroffenen Regionen, den Gewerkschaften, den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern angehen. Dabei hilft uns die fortschreitende Energiewende. Es werden in großem Umfang neue Technologien - Speicher und Batterien, Entwicklungszentren für Materialien und Prozesstechnik - benötigt. Wir wollen mit Bundesmitteln die neuen wirtschaftlichen Aktivitäten in den betroffenen Regionen zusammenführen.
9. Massentierhaltung einschränken.
Die bäuerliche Landwirtschaft schwindet. Die Tiere leiden. Die Lösung: Die Massentierhaltung muss mit scharfen Auflagen drastisch eingeschränkt werden.
Antwort:
Wir wollen eine Landwirtschaft, die auf Umwelt- und Naturschutz, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher und das Wohl der Tiere ausgerichtet ist. Hierfür erarbeiten wir eine nationale und europäische Nutztierstrategie und ein modernes Tierschutzgesetz, das die Würde und das Wohlergehen der Tiere schützt. Durch die industrielle Tierhaltung ist bei weiten Teilen der Bevölkerung die Akzeptanz für die Landwirtschaft verlorengegangen.
Wir wollen, dass der Grundsatz "öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen" gilt. Zu den öffentlichen Leistungen gehört die Ernährungssicherheit genauso wie der Schutz der Natur, der Umwelt, des Klimas und des Tierwohls. Bis zum Jahr 2020 werden die europäischen Agrarfördermittel auf zwei Wegen ausgezahlt: einerseits pauschale Zahlungen, deren Höhe sich nur an der bewirtschafteten Fläche orientiert. Und andererseits Gelder, die gezielt in die Entwicklung ländlicher Räume fließen, also unter anderem auch in Klimaschutz, Naturschutz, Tierschutz und Stallbauten. Wir werden uns für einen schrittweisen Ausstieg aus den pauschalen Subventionen bis 2026 einsetzen.
Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher werden ihren Anteil an Veränderungen in der Tierhaltung leisten müssen. Deshalb planen wir ein staatliches Tierschutzlabel, das sich an den Kriterien des Deutschen Tierschutzbundes orientiert. So werden die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf erkennen können, aus welcher Tierhaltung das Fleisch und die Fleischwaren stammen.
10. Plastikmüll reduzieren.
Nichts zeigt den respektlosen Umgang mit unserer Umwelt so sehr wie die Verschwendung von Kunststoff en. Eine Abgabe auf Plastikverpackungen wäre der erste Schritt, den Trend zu stoppen.
Antwort:
In Deutschland gibt es eine Herstellerverantwortung für Sammlung, Sortierung, Recycling und Entsorgung von gebrauchten Plastikverpackungen, d.h. die Hersteller zahlen ein Entgelt für jede Plastikverpackung, die sie in den Verkehr bringen.
Einer zusätzlichen Abgabe darüber hinaus stehen wir skeptisch gegenüber. Abgabe bedeutet, Schaffung von Strukturen zur Überwachung, Einziehung der Gelder und Umverteilung. Daraus folgen womöglich unüberschaubare Kosten und die Frage, wer die Abgabe eigentlich zahlt? Der Inverkehrbringer der unökologischen Verpackungen, der Handel oder der Verbraucher? Zu befürchten ist, dass die Kosten letztlich auf den Verbraucher abgewälzt werden, deswegen aber kein Gramm Müll weniger anfällt.
Viel wichtiger als über Abgaben auf bereits produzierte Verpackungen zu diskutieren ist es, den Abfallvermeidungsgedanken wieder stärker in die Köpfe der Menschen zu bringen!
Nach wie vor gilt: Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht!
Deshalb wollen wir mehr Mehrweg-, Rückgabe- und Pfandsysteme etablieren und fordern ein Umdenken weg von der Wegwerfkultur hin zur Stärkung von nachhaltigen Systemen wie Leasing- oder Leihsystemen. Innovative Ideen wie zum Beispiel verpackungsfreie Lebensmittelgeschäfte, aber auch verbraucherfreundliche Alternativen zu Einwegverpackungen oder der klassische Stoffbeutel vermeiden Abfälle.
Neben der Abfallvermeidung müssen wir auf dem Weg zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft die Hersteller bereits am Beginn des Lebenszyklus ihres Produktes stärker in die Pflicht nehmen. Inverkehrbringer und Produzenten sollen ihre Produkte so gestalten, dass sich bei deren Herstellung und Gebrauch der Ressourceneinsatz, die Entstehung von Abfällen und die Umweltfolgen verringern. Wir setzen uns für eine recyclingfreundliche Produktgestaltung und die Verwendung von Recyclaten in Produkten ein.
In der zurückliegenden Legislaturperiode haben wir mit dem Verpackungsgesetz das Entgelt, das die Hersteller für das Inverkehrbringen von Verpackungen zahlen müssen, an die Einhaltung ökologischer Anforderungen verknüpft. Künftig richtet sich die Höhe der Entgelte danach, wie gut recycelbar die Verpackungen sind und wie viel Recycelmaterialien in ihnen stecken. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Herstellerverantwortung nicht nur für Plastikverpackungen, sondern auch für Produkte aus Plastik - also Gießkannen, Kinderspielzeug, Gummistiefel etc. - gilt, so dass die Hersteller auch hierfür ein Entgelt zu leisten haben. Darüber hinaus wollen wir ökologische Lizenzgebühren so entwickeln, dass sie den geringen Einsatz von Energie und Ressourcen und die mögliche Wiederverwendung honorieren. Auch ein Bonus/Malus-System ist denkbar. So schaffen wir noch mehr Anreiz für Hersteller, möglichst umweltfreundliche Verpackungen herzustellen, da ein sparsamer Umgang mit Rohstoffen eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit ist.
Die SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks hat im letzten Jahr eine Vereinbarung mit dem Handelsverband Deutschland geschlossen. Darin verpflichten sich Unternehmen, die der Vereinbarung beitreten, Kunststofftüten zukünftig nicht mehr kostenlos abzugeben. Ziel ist es, den Verbrauch von Plastiktüten in Deutschland bis Ende 2025 fast zu halbieren.
Darüber hinaus halten wir es für sinnvoll, die Verbraucher in einer Kampagne für Ressourceneffizienz und -einsparung zu sensibilisieren. Wir sind außerdem der Ansicht, dass mehr Informationstransfer und Transparenz zwischen Herstellern und Recyclingindustrie über die stoffliche Zusammensetzung von Produkten zu effizienterem und hochwertigerem Recycling beitragen kann.
Sehr geehrter Herr Lynen,
für diese Ziele setze ich mich gerne ein und kämpfe für Mehrheiten am 24.09.2017, damit sie auch umgesetzt werden können. Dabei hoffe ich auf Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Tack