Frage an Kerstin Radomski von Mona V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Radomski,
Ich habe zwei Anliegen. Der erste Punkt betrifft die TTIP Verhandlungen.Diese Verhandlungen werden in einem undemokratischen und intransparenten Rahmen fortgesetzt . Werden Sie sich als Bundestagsabgeordnete dafűr einsetzen, dass die TTIP Verhandlungen so nicht weiterfortgestzt werden kőnnen? Ich finde so kann es nicht weitergehen.
Den zweiten Punkt kann ich direkt mit dem ersten verknűpfen: der NSA Skandal- zum einen ist es fűr mich vőllig unverständlich, wieso die Bundesregierung, Ihre Partei und auch Sie diesen Skandal versuchen auszusitzen und anstatt Edward Snowden fűr seine Zivilcourage zu danken, ihn permanent versuchen zu isolieren.Wolfgang Bosbach hat im Angesicht immer neuer Enthűllungen und Skandale diese Woche gefordert ein dickes Kapitel zum Thema Datenschutz ins TTIP reinzunehmen. Ich denke, dass es ein sehr gutes Druckmittel ggn. die USA ist, die TTIP Verhandlungen so lange auszusetzen bis sich die Obama Regierung endlich in die richtige Richtung bewegt. Werden Sie sich im Bundestag fűr politisches Asyl fűr Snowden einsetzen? Und werden Sie Ihr Mandat dafűr einsetzen, dass die TTIP Verhandlungen ausgestzt werden ?
MfGe
Mona Vaes
Sehr geehrte Frau Vaes,
vielen Dank für Ihr Schreiben zu den Themen TTIPP und NSA.
Lassen Sie mich zu Ihren Bedenken zunächst etwas Grundsätzliches ausführen, um ihr Anliegen in den politischen Zusammenhang zu stellen:
Die aktuelle Debatte führt uns zu dem immer wiederkehrenden Thema des richtigen Verhältnisses zwischen Sicherheit und Freiheit im IT-Zeitalter. Unser Staat hat die Pflicht, seine Bürger zu schützen und seine Freiheiten und Grundrechte zu achten. Die Union ist die einzige Partei, die diesen beiden Dimensionen staatlicher Aufgaben eine hohe Priorität einräumt. Nur wenn es ein ausreichendes Maß an Sicherheit in einer Gesellschaft gibt, können die Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheiten auch tatsächlich nutzen. Die Freiheitsrechte unserer Verfassung richten sich nicht nur gegen den Staat, sondern sie verlangen zugleich auch seinen aktiven Schutz gegenüber Straftätern und Gefährdern sowie Übergriffen anderer Staaten.
Sowohl der Freiheit als auch der Sicherheit können wir nur gerecht werden, wenn wir uns am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientieren. Das heißt ganz konkret: Wenn es um die Suche nach einem Mörder, Entführer oder Terrorverdächtigen geht, kann ein Richter in Deutschland oder die dafür beim Bundestag eingerichtete G-10-Kommission die Überwachung der Kommunikation anordnen. Dies ist in solchen Fällen notwendig und völlig angemessen. Bei weniger gravierenden Gefahren oder Straftaten wie zum Beispiel einem Ladendiebstahl sind nach unserem Verständnis andere Maßnahmen ausreichend.
Der Zweck heiligt also nicht alle Mittel, sondern Zweck und Mittel müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Wir werden daher selbstverständlich auch zum Zweck der Sicherheit nicht alles gesetzlich zulassen, was technisch möglich ist. Wir wollen unseren Sicherheitsbehörden daher auch künftig nur einen gezielten Zugriff auf Daten unter strengen rechtsstaatlichen Maßgaben erlauben. Eine ziellose und allumfassende Sammelwut lehnen wir jedoch strikt ab. Darin unterscheidet sich unser Sicherheits- und Freiheitsverständnis von demjenigen der US-Regierung. Sie sehen also, dass es sich um eine sehr schwierige Frage im Spannungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit handelt. Im Ergebnis dieser Abwägung komme ich in dem konkreten Fall NSA/Edward Snowden zu dem Schluss, dass es eine rechtlich fundierte Entscheidung war, dass die Bundesregierung Edward Snowden kein Asyl angeboten hat.
Lassen Sie mich nun noch etwas zum Thema TTIPP sagen:
In der Erarbeitung des TTIP wird die Bundesregierung darauf achten, dass europäische und deutsche Rechtsstandards nicht unterlaufen werden. Die EU-Kommission als Verhandlungsführerin für die EU-Mitgliedstaaten wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben. Die Gesundheit der EU-Bevölkerung und der notwendige Umweltschutz sind nicht verhandelbar. Dies sollte uns aber nicht vom Ziel abbringen, Handel und Investitionen transatlantisch zu erleichtern und unnötige Hemmnisse, wie etwa doppelte Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren, abzuschaffen.
Hohe Transparenz des Verhandlungsprozesses ist auch für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Damit die Verhandlungen erfolgreich verlaufen, bedarf es jedoch einer gewissen Vertraulichkeit - so wie allgemein bei Vertragsverhandlungen dem Verhandlungsgegenüber nicht von vorneherein alle Positionen preisgegeben werden. Die Europäische Kommission informiert die Mitgliedstaaten der EU regelmäßig über den Verlauf der Verhandlungen und pflegt seit Verhandlungsbeginn einen breit angelegten Dialog mit der Wirtschaft, den Parlamenten, Gewerkschaften, Forschungseinrichtungen und Nicht-Regierungsorganisationen aus Umwelt- und Verbraucherschutz.
Als Abgeordnete werde ich sowohl die Entwicklungen bezüglich TTIP als auch zum Datenschutz sehr genau verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Radomski