Frage an Kerstin Müller von Stefan S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Müller,
seit einiger Zeit möchte die GEZ von jedem Computerbesitzer Gebühren erhalten. Diese Zwangsmaßnahme finde ich unglaublich. Warum soll eine nationale Einrichtung für die Benutzung eines Computers Geld erhalten, wenn ich damit eine Vielzahl von Diensten abrufen kann, die mit diesem Geld nicht finanziert werden. Wenn dieses Geld den vielen Internetradiosendern, die ich mir anhöre oder Blogautoren, Videomachern u.a. kollektiv zugute käme, dann sähe ich einen Grund gebühren zu bezahlen. Aber um die öffentlich rechtlichen Kassen zu füllen, die gerade in einer globalen Medien- und unterhaltungslandschaft einen denkbar geringen Anteil haben, ist mir völlig unverständlich. Ich bin druchaus der Meinung, daß es die öffentlich-rechtlich geförderte Medienlandschaft braucht um nicht gänzlich mit Soaps, Nachmittagsshows und Hollywood-Blockbustern vorlieb zu nehmen. Aber diese Aufgabe sollte vom Staat übernommen werden oder je nach Nutzen honoriert werden. Einem Menschen, der weder einen Fernseher noch ein Radio besitzt nun aber aufgrund des Besitzes eines Arbeitsgerätes, mit dem er ganz andere Medienangebote nutzt als die der öffentlich-rechtlichen, zum Rundfunkgebührenzahler zu machen kann doch nicht der Weg sein, oder?
Beste Grüße
Stefan Schmitt
Sehr geehrter Herr Schmitt,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9.11. 07 auf www.abgeordnetenwatch.de.
Sie beziehen sich auf die Erhebung der Rundfunkgebühr für internetfähige PCs. Die Grüne Bundestagsfraktion hat sich dazu eindeutig positioniert:
Ursache der PC-Gebühr
Seit dem 1. Januar 2007 gibt es eine Rundfunkgebühr für internetfähige PCs. Zu diesem Zeitpunkt ist das im Rundfunkstaatsvertrag vereinbarte Moratorium ausgelaufen, das die PC-Gebühr schon vor einigen Jahren festgelegt hat.
Internetfähige PCs bleiben in Privathaushalten von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, wenn bereits ein Rundfunkgerät angemeldet ist. Der PC gilt dann als Zweitgerät und ist gebührenfrei. Wenn im Haushalt kein anderes Rundfunkgerät vorhanden ist, aber ein internetfähiger PC, wie bei Ihnen aber offensichtlich der Fall, so ist für diesen seit dem 1. Januar 2007 eine monatliche Rundfunkgebühr von 5,52 Euro pro Monat zu zahlen - egal wie viele PCs vorhanden sind.
Die grüne Position zur "PC-Gebühr":
Wir haben die PC-Gebühr abgelehnt und uns für eine Verlängerung des Moratoriums ausgesprochen. Die PC-Gebühr wird von der Internetfähigkeit, nicht von der Rundfunkempfangsfähigkeit abhängig gemacht. Aus unserer Sicht ist das ein großer Unterschied. Denn internetfähig ist ein Rechner mit einfachem Modem, rundfunkempfangsfähig jedoch erst mit schnellem Zugang (wie etwa DSL).
Wir meinen, dass es Rundfunkgebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben muss, da der Bestand und die Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantiert werden müssen. Doch mit den neuen technischen Möglichkeiten stößt das System der gerätebezogenen Gebühren an seine Grenzen. Jedes neue Empfangsgerät mit Gebühren zu belegen, ist ungerecht, aufwändig und bürokratisch.
Als grüne Alternative haben wir das Konzept einer Mediengebühr entwickelt. Wir sind der Auffassung, dass eine Rundfunkgebühr, die sich an einzelnen Geräten orientiert, überholt ist. Wir Grünen plädieren deshalb seit langem für eine einfache Mediengebühr pro Haushalt und eine gestaffelte Gebühr in Betrieben. Ein entsprechendes Konzept haben wir im September 2006 vorgelegt.
Unser Modell hat viele Vorteile. Durch die Mediengebühr wäre das Durcheinander beseitigt, ob und wann ein zweiter Fernseher, ein Radio im Auto oder ein PC im Arbeitszimmer angemeldet werden müssen. Unser Modell der Mediengebühr ist zukunftsfähig: Nicht nur PCs mit Breitbandanschluss, sondern auch UMTS- oder DVB-H-Handys oder andere Mobilempfänger werden in Zukunft rundfunkempfangsfähig sein. Mit einer einheitlichen Mediengebühr muss nicht mehr bei jedem neuen Gerät, das neben anderen Funktionen auch Rundfunk empfangen kann, neu verhandelt werden, ob dafür Gebühren fällig sind.
Mit der Mediengebühr würde jeder Privathaushalt eine einheitliche Gebühr bezahlen, unabhängig davon, wie viele Geräte im Haushalt vorhanden sind. Bei Unternehmen würde eine gestaffelte Gebühr berechnet, je nach Mitarbeiterzahl und Branchenbesonderheiten. Befreiungen wären wie bisher möglich. Unser Modell soll weder Familien, Singles, noch Unternehmen stärker als bisher belasten. Im Gegenteil, Einsparungen von Bürokratiekosten würden die Mediengebühr verringern.
Eine allgemeine Mediengebühr muss aus unserer Sicht aber auch bedeuten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Gebühren auch Medien übergreifend einsetzt und im Internet attraktive Programme bereithält. Das Internet muss als dritte Säule neben Radio und Fernsehen etabliert werden und gerade für junge Zielgruppen mit attraktiven Angeboten gestaltet werden.
Die Ministerpräsidenten haben sich im September 2007 darauf geeinigt zwei Vorschläge für ein neues Rundfunkgebührenmodell weiterzuentwickeln. Darunter ist auch das Modell einer Gebühr pro Haushalt. Wir hoffen darauf, dass sie sich für unseren Vorschlag entscheiden.
Zu ihrem Vorschlag, die finanzielle Förderung des Rundfunks dem Staat zu übertragen:
Der Rundfunk in Deutschland ist staatsfern und das aus guten Gründen. Die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass Rundfunk in Staatshänden zur Propaganda missbraucht werden kann. Ebenso ist die Rundfunkgebühr keine Steuer und darf auch keine sein. Vielmehr ist sie eine Abgabe mit beitragsähnlichem, bzw. gebührenähnlichem Charakter (so die juristische Bezeichnung). Auch die Gebühren dürfen also nicht wie Steuern etwa über das Finanzamt eingezogen werden -- unter anderem deshalb, weil man nicht möchte, dass der Staat dadurch indirekt Einfluss auf die Programme nehmen kann. Zudem würde der Einzug der Rundfunkgebühren über das Finanzamt nicht weniger kosten, sondern mehr.
Herzliche Grüße nach Ehrenfeld!
Kerstin Müller, MdB