Frage an Kerstin Köditz von Ekkehard S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Köditz,
ich finde es schon sehr merkwürdig, daß Sie mir in Ihrer Antwort auf meine Fragen bezüglich der persönlichen Angaben Täuschungsabsichten unterstellen wollen. Gleichwohl veranlaßt mich Ihre Reaktion natürlich zu Nachfragen.
1. Was veranlaßt Sie, die bloße Zitierung Ihrer Antworten auf Abgeordnetenwatch in bestimmten Presseorganen unterbinden zu wollen? Wenn Sie in der Öffentlichkeit Äußerungen machen, so müssen Sie jedenfalls damit rechnen, daß Sie damit von sämtlichen politischen Lagern zitiert werden, egal ob Ihnen dies im Einzelnen paßt oder nicht. Ist Ihnen dies nicht bewußt?
2. Ist Ihnen bekannt, daß die KPD in dem sogenannten "Programm zur nationalen Wiedervereinigung Deutschlands" vom 2. November 1952 folgende Stellungnahme zur demokratisch gewählten Adenauer-Regierung abgab: "Nur der unversöhnliche und revolutionäre Kampf aller deutschen Patrioten kann und wird zum Sturz des Adenauer-Regimes ... führen ... Unzweifelhaft wird unser Kampf Opfer fordern. Aber für jeden im Kampf gefallenen oder aus dem Kampf herausgerissenen Patrioten werden Tausende neue auferstehen." Erkennen Sie darin den geringsten Willen für eine demokratische Oppositionsarbeit? Oder ist es der Versuch, die junge Demokratie mit Gewalt zu stürzen? Und möchte sich die LINKE auch heute noch auf diese Tradition stützen oder lehnt sie ene solche Politik grundsätzlich ab?
3. Bereits ein gutes Jahrzehnt nach dem Verbot der KPD wurde in der Bundesrepublik die Deutsche Kommunistische Partei gegründet, schon kurze Zeit später dutzende kommunistische Splittergruppen. Rechtfertigen Sie dennoch Ihre Auffassung, daß die KPD in der Bundesrepublik mit Ihrem Verbot von 1956 "vernichtet" worden sei?
4. Wie sollte die Bundesrepublik Ihrer Meinung nach auf eine Partei reagieren, welche nicht nur die Schaffung von Diktaturen in Osteuropa verteidigte, sondern auch der jungen Demokratie den unversöhnlichen Kampf (siehe 2) ankündigte?
Sehr geehrter Herr Schultz!
Natürlich kann und will ich nicht verhindern, dass mich Presseorgane jeglicher politischer Couleur zitieren. Politikerinnen leben von der Öffentlichkeit. Da ich immer wieder Transparenz aller politischen Entscheidungsprozesse, Abhängigkeiten und Lobbyistentätigkeiten von Politikern und selbstverständlich auch der politischen Ansichten fordere, wende ich das auch auf mich selbst an. Wenn mir allerdings ein Journalist – wie Sie es sind – Fragen stellt, werte ich das als Interview, wenn er meine Antworten beruflich nutzen will. Der „Jungen Freiheit“ jedoch würde ich nie ein Interview geben, da ich dieses Blatt nicht dem demokratischen Spektrum zuordne. Außerdem entspricht es journalistischen Gepflogenheiten, die geplante Druckversion eines Gesprächs der Interviewten vor Veröffentlichung vorzulegen. Deshalb erfolgte mein weiterhin gültiger Vorbehalt gegen eine mögliche berufliche Nutzung meiner Antworten durch Sie in der „Jungen Freiheit“.
Diese Äußerungen der KPD sind mir selbstverständlich bekannt. Sie sind deutlicher Ausdruck des Transformationsprozesses, der in der KPD seit 1945 stattgefunden hat. In meiner Antwort auf ihr letztes Fragenbündel hatte ich das als „Restalinisierung der KPD“ bezeichnet. Durch genau diesen Prozess veränderte sich die KPD von einer antifaschistischen demokratischen Partei zu einer Partei, die sich weitgehend im politischen Abseits bewegte. Jede historisch Interessierte weiß selbstverständlich, dass keine politische Gruppierung sich im luftleeren Raum bewegt. Sie reagiert vielmehr auf ihr politisches Umfeld. Der bereits 1952, also vier Jahre vor dem Verbot, existierende Verfolgungsdruck, das Klima der Einschüchterung und Bespitzelung durch die Behörden, die Vernichtung beruflicher Existenzen haben natürlich dazu beigetragen, dass Abschottungstendenzen, sektiererische Positionen und ein unerträglicher Nationalismus wesentliche Elemente der Politik der KPD geworden sind. Ich kann – bei aller notwendigen Kritik – durchaus nachvollziehen, dass die KPD die Adenauer-Ära nicht als „junge Demokratie“ verstand, sondern als kapitalistische Herrschaft mit starken obrigkeitsstaatlichen und autoritären Tendenzen. Den letzten Teil Ihrer Frage unter 2.) begreife ich als reine Polemik und erspare mir deshalb eine Antwort. Diese finden Sie an zahlreichen Stellen unserer Programmatik.
Ich muss die Auffassung, die KPD sei vernichtet worden, nicht rechtfertigen. Erstens handelt es sich – wie bereits erläutert – um einen Begriff aus einem Thesenpapier, das ich weder verfasst noch zu verantworten habe. Zweitens gibt es in der wissenschaftlichen Literatur durchaus Werke, die diese Position stützen. Gegenargumente, jenseits der bloßen Polemik mit Schaum vor dem Mund, nehme ich gern zur Kenntnis. Die Gründung einer neuen kommunistischen Partei im Jahre 1968, der DKP, führte nicht zur Aufhebung des KPD-Verbots. Ein mögliches Verbot als Nachfolgeorganisation hing deshalb stets wie ein Damokles-Schwert über dieser Partei, deren Mitglieder bereits wenige Jahre nach der Gründung z.B. in Form der Berufsverbote ebenfalls Verfolgungs- und Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Die proklamierte Politik der Entspannung nach außen gegenüber dem „realsozialistischen“ Lager fand keine Entsprechung in der Innenpolitik. Die KPD als Partei ist meiner Ansicht nach tatsächlich vernichtet worden. Ich erinnere nur daran, dass ein wichtiger Teil der Gründungsmitglieder der DKP zur Parteigründung erst aus dem Exil in der DDR in die Bundesrepublik zurückkehrte. Die DKP existiert übrigens noch heute. Sie entwickelt ihre Politik unabhängig von der Partei DIE LINKE.
Ihre letzte Frage ist eine hypothetische. Ich halte sie zudem für eine unsinnige.