Frage an Kerstin Griese von Daniel P. bezüglich Familie
Sehr geehrter Frau Griese,
ich wende mich an Sie in ihrer Funktion als Vorsitzenden des Familienausschusses und als Fachsprecherin für Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Mit Besorgnis verfolge ich die Diskussion um das Christival 2008, auf dem dubiose Seminare für Jugendliche angeboten werden. Es ist ein Jugendkongress, der wohl von Organisationen aus dem evangelikalen Spektrum organisiert und staatlich alimentiert (250.000 €) sowie von der Bundesfamilienministerin beschirmt wird. Die Familienministerin lobt überdies die gute Arbeit und die Werte, die auf dem Kongress vermittelt werden sollen ( http:// www.christival.de ).
Es besorgt mich, wenn offenbar minderheitenfeindliche, aber auch frauenfeindliche Werte und Weltanschauungen vermittelt werden sollen. Ein Seminar zur „Heilung“ von Homosexualität wurde mittlerweile aufgrund von Protesten gestrichen. Dennoch werden noch andere Seminare z.B. zum Thema Abtreibung angeboten.
Besonders erschütternd ist für mich die Kritikunfähigkeit einiger großer Trägerorganisationen. Kritiken an fragwürdigen Therapieangeboten für Homosexuelle werden als Zensur, Angriff auf die Meinungsfreiheit oder dem christlichen Glauben hingestellt.
Ich finde es bedenklich, wenn Steuergelder, die auch von den diskriminierten Minderheiten erbracht werden, auf diese Weise gegen sie selbst eingesetzt werden. Warum finanziert der deutsche Staat religiös-weltanschauliche Veranstaltungen mit missionarischen Tendenzen? Warum gibt es offenbar keine strengen Regelungen für die Vergabe an religiös-weltanschauliche Veranstaltungen? Warum soll der Staat derartige Werte mit einem Gütesiegel versehen, wenn Gefährdungspotenziale für Jugendliche zur Diskussion stehen und sich der Veranstalter und seine Träger einer sachlichen Diskussion nicht zu stellen vermag?
Was werden Sie unternehmen, damit die Bundesregierung die Vergabe von „Gütesiegeln“ für religiös-weltanschauliche Veranstaltungen zukünftig kritischer hinterfragt?
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Peters
Sehr geehrter Herr Peters,
ich kann Ihre Bedenken in weiten Teilen nachvollziehen. Ich hätte Ministerin von der Leyen von der Schirmherrschaft abgeraten, bin aber als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion nicht für das Handeln des Familienministeriums verantwortlich. Ebenso wenig hatten wir Einfluss auf die Entscheidung, das „Christival“ finanziell zu fördern.
Das inzwischen abgesagte „Christival“-Seminar „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ entspricht in keiner Weise meiner Auffassung von Gleichberechtigung und Toleranz. Homosexualität wird dabei als „therapierbar“ dargestellt und damit physischen oder psychischen Krankheiten gleichgestellt, was ich für nicht vertretbar und sogar für gefährlich halte. Meinungsfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo die Freiheit und die Rechte Anderer eingeschränkt werden, in diesem Fall die der Schwulen und Lesben, deren sexuelle Neigung als unnormal dargestellt wird.
Das bedeutet nicht, dass ich andere Meinungen nicht toleriere. Ich halte es aber in diesem Fall für richtig, sich kritisch mit den Inhalten des „Christivals“ auseinanderzusetzen und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen, wenn sich der Umgang mit dem Thema Homosexualität als einseitig und irreführend herausstellt.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese