Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Bernd S. •

Frage an Kerstin Griese von Bernd S. bezüglich Soziale Sicherung

Rentenbeiträge für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Sehr geehrte Frau Griese.

ich habe eine Schwester, die aufgrund einer geistigen Einschränkung mit einem Grad von 90 % schwerbehindert ist. Ich selbst habe die Vorsorgevollmacht von ihr und kümmere mich um ihre Angelegenheiten. Nunmehr ist sie Rentnerin geworden und bekommt eine Rente von etwa 270 Euro.
Sie war zeitlebens als Hauswirtschaftshilfe, zunächst in einem Kindergarten, später in einem Altenheim tätig. Aufgrund des Engagements unserer Eltern ging sie nie in eine WfbM. Nunmehr stelle ich fest, dass behinderte Menschen, die eine WfbM. besuchen, wesentlich höhere Rentenansprüche erwerben. Soweit ich das nachlesen konnte, werden für diese Menschen Rentenbeiträge aus Bundesmitteln eingezahlt, sicher mit dem Ziel diesem Personenkreis eine höhere Rente zukommen zu lassen.
Meine Frage an Sie ist:
Warum will der Gesetzgeber, dass Menschen mit Behinderung dann, wenn sie eine WfbM besuchen in dieser Weise bevorzugt werden, bzw. diejenigen, die aufgrund des Engagements von Angehörigen es geschafft haben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ihren Platz zu finden, derart benachteiligt werden? Immerhin haben ja letztere, indem sie keinen Platz in einer Wfbm in Anspruch genommen haben, der Gesellschaft mehrere hunderttausend Euro erspart.
Ist es Absicht des Gesetzgebers, dass Engagement bestraft wird und ist es Absicht des Gesetzgebers, behinderte Menschen in eine WfbM zu zwingen?
Mit freundlichem Gruß
Bernd Schumann

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schumann,

wir wollen, dass alle Menschen, die in Werkstätten für Behinderte arbeiten, später auskömmliche Renten erhalten. Für Menschen mit Behinderungen, die wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt auszuüben, wurden Arbeitsverhältnisse in einem „arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis“ geschaffen. Im rentenrechtlichen Sinn gelten die in Werkstätten beschäftigten Menschen als voll erwerbsgemindert und sind bei der gesetzlichen Rentenversicherung versichert – allerdings nicht nach ihren tatsächlichen, sehr geringen Einkommen, sondern nach einem festgesetzten Mindestentgelt. Die Behinderteneinrichtungen zahlen die Rentenversicherungsbeiträge, die für das tatsächliche Arbeitsentgelt anfallen, der Bund zahlt die Differenz, die zwischen tatsächlich gezahltem Entgelt und dem höheren, festgesetzten Mindestentgelt liegt, aus Mitteln des Haushaltes für Arbeit und Soziales. Das ist der Grund, weshalb dort Beschäftigte, wenn sie 20 Jahre in einer Werkstatt beschäftigt waren, rentenrechtlich höherstuft werden und damit eine höhere Rente erhalten als es ihrem tatsächlichen Arbeitsentgelt entspricht. Denn wir wollen Altersarmut bei Menschen, die ihr Arbeitsleben in Werkstätten für Behinderte verbringen, verhindern. Das halte ich auch für sehr gut und richtig, denn wir wollen nicht Menschen aufgrund ihrer Behinderungen zeitlebens in Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen zu halten, was die Alternative wäre. Allerdings ist es auch unserer politisches Ziel, Menschen mit Behinderungen verstärkt Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben und den Übergang zwischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und dem ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern. An dieser Stelle muss noch einiges getan werden. Wir wollen also niemanden in Werkstätten für behinderte Menschen „zwingen“, sondern vielmehr den Menschen, die nur dort die Chance auf Beschäftigung haben, mit einer Höherstufung in der Rente ein auskömmliches Leben im Alter ermöglichen. Denen, die eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt leisten können, wollen wir verstärkt helfen, dort Fuß zu fassen und aus dem Werkstattbereich herauszukommen.

Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese

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