Frage an Kerstin Eisenreich von Michael S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau Eisenreich,
da in Sachsen- Anhalt ja nun auch endlich Bewegung drin ist für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, stellt sich mir eine Frage. Auf der Seite der Landtagsfraktion, habe ich gelesen das dazu über eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer in den Raum gestellt wurde. Diesbezüglich habe ich die Frage, wie dieses Sozialverträglich gestaltet werden soll? Da jemand der Neu Bauen möchte eventuell eine höhere Grunderwerbssteuer bezahlen muss, dadurch ein Höheres Eigenkapital benötigt. Als weiteres steigen dann auch für Ortsansässige Landwirte die Kosten für den Erwerb von Agrarflächen, bzw. für jemanden der sich als Landwirt Selbständig machen möchte, worin ich keine Stärkung der heimischen Landwirtschaft sehe, sondern eher eine Schwächung. Denn Finanzinvestoren nutzen ja andere Konstrukte um die Grunderwerbssteuer zu umgehen, wie erst vor kurzem Im Burgenlandkreis zu sehen war. Wäre es nicht Sinnvoller eine Möglichkeit zu bekommen, dass Investoren mehr zur Kasse gebeten werden, wenn sie Flächen als Anlageprodukt verwenden wollen?
Sehr geehrter Herr Schelle,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge entbindet die Träger - in diesem Fall die Städte und Gemeinden - nicht von der Notwendigkeit, Straßen auszubauen und zu sanieren. Dies ist nicht kostenlos. Nach unseren Vorstellungen sollen dies Kosten künftig aus Steuermitteln gedeckt werden. Dazu erscheint uns eine maßvolle Erhöhung der Grunderwerbsteuer für sinnvoll. Mit den von uns in die Diskussion eingebrachten 6,5% Grunderwerbsteuer gleichen wir uns dabei in Sachsen-Anhalt einem Wert an, der in den meisten anderen Bundesländern bereits gilt. Daher sehen wir für Unternehmen aus unserem Land hier keinen Wettbewerbsnachteil.
Das Risiko erheblicher Kosten für Grundstückserwerber bei einer Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge ist aus unserer Sicht und in Anbetracht aktueller Beitragsforderungen im mittleren fünfstelligen Bereich wesentlich schwieriger einzukalkulieren. Trotzdem sind wir uns der Problematik einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer gerade auch für junge Familien, die sich ein Haus bauen oder kaufen wollen bewusst. Deshalb schlagen wir für diese Fälle einen ermäßigten Grundsteuersatz vor (Antrag Fraktion DIE LINKE Drucksache 7/5245 vom November 2019).
Für landwirtschaftliche Flächen ergibt sich das Problem von Landverkäufen an branchenfremde Investoren und die damit einhergehende Problematik von Bodenspekulationen in erster Linie aus den seit Jahren extrem angestiegenen Boden- und Pachtpreisen. Diese gravierende Fehlentwicklung hat sich aus dem unsäglichen Ansatz des Verkaufs zu Höchstgebotspreisen ergebe. Das den Landwirten zustehende Vorkaufsrecht wird in den meisten Fällen nicht in Anspruch genommen, da ihre generelle finanzielle Situation sehr schwierig ist. Deshalb fordern wir seit Langem eine Deckelung von Boden- und Pachtpreisen, damit Landwirte überhaupt in die Lage versetzt werden, Boden zu erwerben bzw. die Pachten nicht schon einen übergroßen Teil der erwirtschafteten Einnahmen verschlucken.
Dazu kommt, dass bei der Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Zwischeninstitution (Siedlungsgesellschaft) die Grunderwerbsteuer doppelt fällig wird. Dieser Missstand soll ebenfalls beseitigt werden.
Gleichzeitig zahlen die branchenfremden Investoren, wie im Burgenlandkreis kürzlich geschehen, KEINE Grunderwerbsteuer. Denn sie umgehen diese, indem sie sich in die Agrarunternehmen durch Anteilskäufe einkaufen und den Boden nicht direkt erwerben. Diesem Treiben muss endlich ein Ende gesetzt werden! Deshalb fordern wir eine Grunderwerbbesteuerung, wenn mehr als 50% Anteile eines Agrarunternehmens erworben werden, die mit Grundvermögen behaftetet sind.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Eisenreich