Frage an Kerstin Andreae von Rayek N. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
1. Zum Stadtteil Freiburg Weingarten:
- Immer stärkere Verdichtung: In den letzten 2-3 Jahren sind in der sog. „neuen Mitte“ im Umkreis von ca. 200 Metern 207 neue Wohnungen entstanden. Weitere, ein 8-Stöcker u. „Eckbebauungen“ sind in Planung. Fast 2 ½ Hochhäuser d. alten 16-Geschosser-Tys mit 90 Wohnungen, wurden mitten an den schon eng bebauten Ort gestellt.
- Wohnungen der Stadtbau in Weingarten (meist mit Menschen mit Wohnberechtigungsschein): 2308; aber 326 Stadtbauwohnungen in Rieselfeld und Vauban zusammen.
- Migrationshintergrund in Weingarten: in Kindergarten 90%, Grundschule 87%, bei 62 % der Gesamtbevölkerung; Alg II-Anteil der Bewohner in Weingarten liegt mit 224 % über dem städtischen Durchschnitt (FR.ITZ 2012).
- Die Stadt weiß über diese Umstände in Freiburg Bescheid, z.B. spricht BM v Kirchbach im Wohnungsmarktbericht 2011 von problematischer „sozialer Segregation (die) ... erzwungen stattfindet, (und) sich in negativer Weise zuspitzt.“ D.h. konkret Weingarten.
- Forum Weingarten (vgl. Homepage) kommt zu ähnlicher Beurteilung.
2. Trotz allem soll - durch den Bau eines 8-Stöckers - mit dieser Verdichtung fortgefahren werden.
3. - Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die gesteigerte bauliche Verdichtung, mit Folgen der Vertiefung des sozialen Missstands in Weingarten, mit Grünflächenverbrauch, Überstrapazierung von Infrastruktur, durch den neuen 8-Stöcker unterbleibt?
- Teilen Sie die Auffassung, dass durch weiteren geförderten Wohnungsbau in Weingarten eine soziale Durchmischung nicht erreicht, sondern verunmöglicht wird?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass durch das bejahenswerte Anliegen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der Stadtteil Weingarten nicht mehr weiter einseitig belastet und in noch stärkere soziale Schieflage gebracht wird, sondern bezahlbarer Wohnraum zuerst in anderen Stadtteilen gebaut wird?
- Falls ja, mit welchen Mitteln wollen Sie dafür arbeiten?
Sehr geehrte Frau Nabulsi,
Freiburg hat - wie viele Städte in Deutschland - erheblichen Bedarf an neuem, bezahlbaren Wohnraum. Das hängt vor allem mit einem anhaltenden Bevölkerungswachstum, veränderten Wohnbedürfnissen und demographischen Veränderungen zusammen. Zunächst freue ich mich natürlich, dass viele Menschen in Freiburg wohnen und leben wollen, auch wenn es städteplanerisch eine immer größere Herausforderung wird. Bis 2030 ist in Freiburg mit einem über die im Flächennutzungsplan (FNP 2020) dargestellten Wohnbaupotentiale hinausgehenden Bedarf von bis zu 7000 Wohnungen zu rechnen. Im Vorgriff auf den künftigen Flächennutzungsplan (FNP 2035) muss daher eine Baufläche im Umfang von mindestens 5000 Wohneinheiten vorbereitet werden.
Die Stadt hat 2003 in einem vorbildlichen transparenten Prozess unter Einbeziehung der Bürgerschaft einen Flächennutzungsplan (FNP 2020) aufgestellt, der noch heute Gültigkeit hat. Durch diesen Dialog wurde ein Votum zu den Flächenszenarien und den konkreten Bauflächen erarbeitet, welches vorsieht, dass neue Freiflächen so weit wie möglich reduziert und die bauliche Entwicklung auf den Innenbereich konzentriert werden soll. Daher ist es unabdingbar, dass neben der Ausweisung eines neuen Stadtteils, wie aktuell geplant, auch bestehende Stadtteile einbezogen werden müssen. Dabei müssen ökologische und soziale Belange ausreichend berücksichtigt werden.
Auf Bundesebene setzen wir Grünen uns für eine sozial ausgewogene Wohnungspolitik ein. Städte leben von der Vielfalt in den Vierteln. Zusätzlich zu baulichen Maßnahmen wollen wir Vernetzung, Bildung oder bürgerschaftliches Engagement fördern. Außerdem koppeln wir Neubauprojekte an die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Wenn Brachflächen wie z.B. alte Kasernengelände, verkauft werden, sollen wohnungs- und stadtpolitische Notwendigkeiten berücksichtigt werden, damit nicht nur das Höchstgebot zählt. Für uns Grüne bedeutet Stadtpolitik: schonend mit den Ressourcen umgehen und Energie sparen, die Innenstädte beleben, gute öffentliche Institutionen und grüne Räume für alle schaffen nachhaltige Mobilität gestalten. Dabei setzen wir auf frühzeitige Bürgerbeteiligung und auf transparente Planungen, ganz nach dem Vorbild Freiburgs.
Wir wollen die Innovationsprogramme der Städtebauförderung für lebendige Innenstädte und öffentliche Räume, für Stadtumbau im demografischen Wandel, für soziale Stadtentwicklung und für Baukultur stärken und diese um Strategien für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz erweitern. Wir wollen die Mittel für die Städtebauförderung, insbesondere für die Programme Soziale Stadt, Stadtumbau und Denkmalschutz, mittelfristig erhöhen. Die Mittel des Europäischen Strukturfonds sollen ab 2014 verstärkt für die ökologisch-soziale Stadtentwicklung eingesetzt werden. Die Initiative für Nationale Stadtentwicklungspolitik muss wiederbelebt und gestärkt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB