Frage an Kersten Steinke von Carsten T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Steinke,
mit großer Besorgnis sehe ich die Entwicklung bei dem neuen "Beitragsservice" der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wie stellen Sie sich dazu? Hier die einzelnen Kritikpunkte:
1. Der neue Beitrag wird ja jetzt auf Haushalte erhoben, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um einen Rentner am Existenzminimum oder um eine Luxusvilla handelt.
2. Zwar gibt es eine Härtefall-Regelung, der aber nur sehr bedingt Folge geleistet wird. Inzwischen wurden Fälle bekannt, daß sogar Hartz-4-Empfänger bezahlen sollen. Und zwar dann, wenn diese keine zusätzlichen Sozialleistungen beantragt haben. Tun sie dies aber, so wird jede zusätzliche Leistung erst mal mit dem Beitrag verrechnet. - Studenten, die Bafög beziehen, müssen trotzdem bezahlen, wenn der diesbezügliche Bescheid zu spät erstellt wird.
3. Bürger, die keinerlei Leistungen der Sender abfordern, sollen im Rahmen dieser "Demokratie-Abgabe" dennoch bezahlen. Mein Verständnis für Demokratie ist ein anderes.
4. Wenn ich mir anschaue, wofür diese immensen Gelder - die Rede ist von mindestens 7,5 Milliarden - verwendet werden, stellt sich mir doch die Frage, ob hier von einer "Grundversorgung" gesprochen werden kann. Gehört zu einer solchen Grundversorgung der Ankauf extrem teurer Fußballübertragungsrechte? Oder die Finanzierung völlig überzogener Moderatoren- und Intendantengehälter? Oder die Berentung der Mitarbeiter in Höhe von € 1.500,00 - zusätzlich zur gesetzlichen Rente? Nur drei Beispiele von vielen anderen.
5. Der gesetzlich verankerte Bildungsauftrag führt nur noch ein Nischendasein.
6. Mit am schlimmsten finde ich das Einsammeln der privaten Daten bei den Meldämtern. Hier wird eine parallele Meldedatei aufgebaut. Ja, parlamentarisch abgesegnet, das macht die Sache aber nicht besser.
Mich interessiert Ihre persönliche Meinung dazu. Die offiziellen Verlautbarungen kenne ich alle, benötige also keine weiteren Textbausteine.
Mit freundlichem Gruß
Carsten Thonig.
Sehr geehrter Herr Thonig,
das neue Rundfunkgebührenmodell ist seit dem 01.01.2013 in Kraft und fand ein breites und in meinen Augen berechtigtes Protestpotential. Alle Haushalte werden nun für eine Leistung herangezogen, ganz gleich ob sie genutzt wird oder nicht. Ich kann mich Ihnen nur anschließen und kritisiere die Rundfunkabgabe als ungerecht und datenschutzrechtlich inakzeptabel.
Für 2,3 Millionen Nur-Hörfunk-Teilnehmende und nur Nur-Internet-PC-Nutzende verdreifacht sich die Gebühr von monatlich 5,76 auf 17,98 Euro. Für eine Million Nichtnutzende, die bislang bewusst oder auch aus sozialen Gründen auf Rundfunk verzichteten, wird die volle Gebühr fällig. Hunderttausende von Fernpendlerinnen und -pendlern, die eine zweite Wohnung mieten, um Beruf und Lebensraum besser zu verbinden, sind künftig gezwungen, sofern sie bewusst auf Rundfunk in ihrer Zweitwohnung verzichteten, die doppelte Rundfunkabgabe zu zahlen. Ebenso erfassen Gebührenbefreiungen aus sozialen Gründen auch nach der Neuregelung weiterhin allein Personen, die aufgrund eines förmlichen Bescheides Beziehende von abschließend geregelten sozialen Leistungen sind. Befreiungstatbestände für Geringverdienende, Studierende, Auszubildende, Beziehende von Niedrigrenten, die bewusst auf Sozialleistungen verzichten, oder Arbeitslose in Hartz IV mit nur geringfügig über dem Rundfunkbeitrag liegendem Zuverdienst bleiben ausgeblendet.
Meine Fraktion DIE LINKE und ich haben dazu parlamentarische Initiativen in den Bundestag eingebracht, die Sie gern unter www.linksfraktion.de Suchwörter Rundfunk/GEZ etc. einsehen können.
Mit freundlichen Grüßen
Kersten Steinke