Frage an Kees de Vries von Andreas R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr de Vries,
meine Frage richtet sich an Sie als Mitglied der Ernährungs- und Landwirtschaftsausschusses. Sie betrifft die derzeit fehlende Nachhaltigkeit im Umgang mit Phosphor.
Ernstzunehmende Wissenschaftler warnen zunehmend vor einen "Peak Phosphorus" (z.B. https://www.americanscientist.org/issues/pub/does-peak-phosphorus-loom ). Phosphor ist der Hauptbestandteil für Düngemittel und damit für die Versorgung mit Lebensmitteln weltweit. Wenige Länder beherrschen die Phosphorreserven, darunter potenzielle Konfliktregionen und China. Schätzungen gehen davon aus, dass bereits in wenigen Jahren der Höhepunkt der Phosphorförderung erreicht sein wird und, je nach Projektion, in ca. 100 Jahren keine Phosphorförderung mehr möglich sein wird ( http://www.resilience.org/stories/2013-08-29/new-projection-of-peak-phosphorus ). Dies hätte dramatische Folgen für die Versorgung der Menschheit mit Lebensmitteln.
Welche langfristige Strategie hat die Bundesregierung, um Lösungen für das Phosphordilemma zu entwickeln?
Mit freundlichen Gruessen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichhardt,
für Ihre Frage bezüglich des nachhaltigen Umgangs mit Phosphor auf dem Portal „Abgeordnetenwatch“ danke ich Ihnen.
Phosphor spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel aller Lebewesen. Für Pflanzen ist Phosphor bedeutend für die Photosynthese sowie den Kohlenhydrat- und den Wasserhaushalt. Obwohl Pflanzen nur relativ geringe Mengen Phosphor benötigen, ist das Element deshalb ein limitierender Faktor für das Wachstum. In der Landwirtschaft wird darum phosphathaltiger Dünger eingesetzt. Eine mögliche Quelle sind mineralische Rohphosphate, die vorwiegend im nördlichen und südlichen Afrika, in Florida, Russland und China vorkommen. Wie Sie auch feststellen, schätzen Experten, dass diese Vorkommen nur noch etwa 50 bis 60 Jahre reichen werden.
Die effektivste Maßnahme, den Bedarf an Phosphor-Düngern aus fossilen Vorkommen zu reduzieren ist eine bessere Nutzung des Phosphor aus Siedlungsabfällen,Abfällen der Nahrungsmittelindustrie sowie organischen und mineralischen Reststoffen aus Gewerbeund Industrie. Immer mehr Kläranlagen gewinnen Phosphor aus dem Klärwasser zurück. Eine weitere Quelle sind sogenannte Wirtschaftsdünger, also organische Dünger aus der Tierhaltung (Gülle). Das darin enthaltene Phosphat ist mittelfristig vollständig pflanzenverfügbar. Hier kann es jedoch zu erheblichen Phosphat-Anreicherungen imBoden kommen, die ein Umweltproblem und ein Verteilungsproblem der knappenRessource Phosphor darstellen.Ein weiterer Ansatz für eine nachhaltige Phosphatversorgung sieht die Pflanzenforschung in Mykorrhizien, der Symbiose von im Boden vorkommenden Pilzen und dem Wurzelgeflecht der Pflanzen. Voraussetzung dafür ist ein gesundes Bodenleben.
Dies zu verbessern kann nur gelingen, wenn wir in bestimmten Regionen sparsamer mit organischem Dünger umgehen, den wir in anderen Regionen brauchen, um unser Bodenleben zu gesunden. Wir müssen zurück zu einer Kreislaufwirtschaft, in der wir ein gesundes Bodenleben mittels organischer Düngung unterstützen und nicht länger versuchen, dieses Bodenleben zu ersetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kees de Vries, MdB