Frage an Katy Walther von Thomas S. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag Frau Walter,
bezogen auf die Organisation der Ganztagsschule wird in Hessen scheinbar auf Kostenreduzierung gesetzt. In Offenbach werden Freiwillige gesucht, die unbezahlt in der Hausaufgabenbetreuung im Rahmen der "Verbindlichen Ganztagsschule" mitwirken sollen:
"Die Grundschule Buchhügel wird ab Schuljahr 2018/2019 verbindliche Ganztagsschule. (...) Das Team der Grundschule Buchhügel freut sich über Freiwillige, die sich in der Schule (...) engagieren möchten. Wichtiger als fachliches Wissen ist dabei, sich auf die Kinder einlassen zu können und sie auf dem Weg zu eigenverantwortlichem Lernen zu unterstützen."
Auch in Wiesbaden werden für eine Mitarbeit in der Ganztagsbetreuung unbezahlte Freiwillige gesucht:
"INDIVIDUELLE BETREUUNG VON GRUNDSCHULKINDERN NACH DEM UNTERRICHT UND IN DEN FERIEN
Aufgaben der Freiwilligen
Mithilfe bei der Hausaufgabenbetreuung zur Unterstützung der Fachkraft.
Mithilfe bei der Aufsicht auf unserem schönen, aber auch unübersichtlichen Außengelände.
Zuwendung für einzelne Kinder (basteln, spielen, lesen, reden, musizieren).
Begleitung bei Ausflügen und Unterstützung von Projekten im Rahmen des Ferienprogramms"
https://www.fwz-wiesbaden.de/onlineangebote
(Angebot Nr. 38296)
Screenshot des benannten Angebotes:
https://www.bilder-upload.eu/bild-77cb90-1554918473.jpg.html
Frage 1:
Spart die hessische Politik in Bildung und Betreuung an Personal?
Frage 2:
Ist es nicht prekär, wenn in Wiesbaden (also unweit des hessischen Landtags und Ihres Arbeitsplatzes in der Staatskanzlei) unbezahlte Freiwillige gesucht werden, die bei der Aufsicht auf einem schönen, "aber auch unübersichtlichen Außengelände" mithelfen sollen?
Frage 3:
Was ist/wäre, wenn auf Grund fehlendem Personal die benannte Aufsicht in dem unübersichtlichen Außengelände leiden würde?
Viele Grüße, T. S.
Sehr geehrter Herr Schüller,
ihre Anfrage beantworte ich folgendermaßen.
Frage 1:
Spart die hessische Politik in Bildung und Betreuung an Personal?
Nein. Denn in der von Ihnen verlinkten Suchanzeige des Freiwilligenzentrums heißt es ja explizit, dass die Lernzeithilfen durch Lehrer bzw. Sozialpädagogen angeleitet werden. Es geht also nicht um einen Ersatz des Personals, sondern um eine ergänzende Unterstützung durch freiwillige Helfer, was ja nur im Sinne der Kinder und Eltern sein kann.
Die Suche nach ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern hängt sicherlich mit den in den letzten Jahren gestiegenen Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer zusammen. Das gilt insbesondere für die Lehrkräfte an den Grundschulen. Mehr denn je müssen Lehrerinnen und Lehrer neben Bildung auch Erziehung und elementare Kulturtechniken vermitteln. Hinzu kommen zusätzliche Herausforderungen wie Inklusion oder die Integration von Flüchtlingskindern. Es ist ein Kraftakt und eine große Leistung, die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer jeden Tag vollbringen. Dafür gebühren ihnen der Dank der gesamten Gesellschaft und die Unterstützung durch das Land. Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen Jahren einige Verbesserungen auf den Weg gebracht: Die Lehrerversorgung über 105 Prozent verbessert beispielsweise die Personal-ausstattung der Schulen. Zusätzlich sind allein in den letzten Jahren 1900 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen worden. Mit der Lehrerzuweisung nach Sozialindex werden Schulen in sozialen Brennpunkten noch einmal gesondert unterstützt. Allein hierfür sind die Stellen in der vergangenen Legislaturperiode von 300 auf 800 Stellen mehr als verdoppelt worden, davon 200 Stellen für die Integration von Flüchtlingen.
Das Problem ist also auf dem Schirm und wird von uns weiterhin mit hoher Priorität behandelt.
Frage 2:
Ist es nicht prekär, wenn in Wiesbaden (also unweit des hessischen Landtags und Ihres Arbeitsplatzes in der Staatskanzlei) unbezahlte Freiwillige gesucht werden, die bei der Aufsicht auf einem schönen, "aber auch unübersichtlichen Außengelände" mithelfen sollen?
Hier verweise ich auf meine Antwort auf Frage 1: Bei der Suche nach ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern für die Betreuung von Grundschulkindern geht es um ein zusätzliches Angebot. Die Ausschreibung macht deutlich, dass Interessenten ihren Arbeitsaufwand und die Zeiteinteilung selbst bestimmen können, es sich also um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt und nicht um eine unbezahlte Anstellung als Pädagoge. Wenn dieses Angebot auf Interesse in der Bevölkerung stößt, ist daran erst einmal nichts auszusetzen. Grundsätzlich gilt natürlich, dass ehrenamtliche Helfer das Betreuungsangebot an Schulen immer nur ergänzen und kein Ersatz sind.
Frage 3:
Was ist/wäre, wenn auf Grund fehlendem Personal die benannte Aufsicht in dem unübersichtlichen Außengelände leiden würde?
Aus den zitierten Suchanzeigen ist nicht zu entnehmen, dass der gesetzlich vorgeschriebene Aufsichts- und Betreuungsschlüssel unterschritten wird.
Beste Grüße,
Katy Walther