Frage an Katja Kipping von Eric M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kipping,
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage vom 19.02.09. Bitte erlauben Sie mir zwei Rückfragen.
Wie bereits in meiner oben genannten Frage geschildert, habe ich in der Tat den Versuch unternommen, diese Petition breit abzustimmen. Ich habe dazu auf das Engste mit einer Schlüsselperson (Ronald Blaschke) in dem Netzwerk zusammengearbeitet und zusätzlich auch Sie vorab (E-Mail vom 2.2.07) um Ihre Meinung gebeten.
Der genannten Petition (hier noch einmal der Link: http://www.politik-werkstatt.de/petition2.htm ) liegt ausdrücklich kein bestimmtes Modell zugrunde, es sei denn, Sie bezeichnen die Verknüpfung mit einer Volksabstimmung als ein „Modell“.
Petitionen sind kein Wundermittel, das ist mir bewusst, es geht aber darum, in der Sache alles zu versuchen, das irgendetwas bewirken kann (vom bewaffneten Kampf halte ich dabei wenig, Ihr Standpunkt dazu wäre sicherlich auch interessant).
Nun meine Nachfragen:
Ist es möglich, dass Sie das Projekt „bedingungsloses Grundeinkommen“ in erster Linie unter wahltaktischen und machtpolitischen Gesichtspunkten betreiben?
Ist es vielleicht gerade die Verknüpfung mit einer Volksabstimmung, die Ihre Ablehnung hervorrief (immerhin vertreten Sie mit gesetzlichen Mindestlöhnen und Arbeitszeitverkürzung plus BGE einen Ansatz der „Emanzipation von oben“, also das klassische sozialistische Gedankengut, welches mit der Befreiung des Menschen (die immer auch ein bisschen was vom Menschen selbst verlangen würde) ungefähr soviel zu tun hat wie das „Ministry of Truth“ aus Orwells 1984 mit dem ehrlichen Suchen nach Wahrheit)?
Ich erwarte mit Spannung Ihre Antwort(en).
Mit freundlichen Grüßen
Eric Manneschmidt
Sehr geehrter Herr Manneschmidt,
danke für Ihre Nachfrage. Soweit mir bekannt ist, wurde Ihr Vorschlag nicht in einem breiten Bündnis mit sozialen Bewegungen, NGOs usw. abgestimmt. Im übrigen können Sie sicher sein, dass mir das Grundeinkommen eine Herzensangelegenheit ist, für die ich schon seit Jahren kämpfe und die von mir im Zusammenhang mit einer breiten demokratischen Entwicklung diskutiert wird. Und was Ihre Frage nach Volksentscheiden angeht - ich befürworte diese ausdrücklich, u.a. streitet auch die Bundestagsfraktion DIE LINKE. genau dafür - aber ich denke, wenn wir jetzt einfach eine Abstimmung ohne lange Debatte und Aufklärung durchführen, wird eine Mehrheit sich durchsetzen, die das BGE verdammt. Denn die Gegner des Grundeinkommen haben es einfach, sie können nun mal hervorragend an alte Vorurteile anknüpfen. Wir Grundeinkommenfans hingegen brechen mit tiefverankerten Gewohnheiten wie dem Arbeitsfetischismus; wir wollen ein neues Denken, deswegen sind wir auf langfristig und umfassend angelegte Debatten angewiesen, denn wir müssen Menschen überzeugen und gewinnen. Um meine Auffassung über den Zusammenhang von Grundeinkommen und Demokratie näher kennenzulernen, empfehle ich Ihnen mein jüngst im econ-Verlag erschienenes Buch "Ausverkauf der Politik. Für einen demokratischen Aufbruch".
Hinsichtlich Ihrer Art, sich abfällig zum "klassischen sozialistischen Gedankengut" zu äußern, kann ich Sie nur bitten, sich mit dem Zusammenhang von Sozialismus, Freiheit und Demokratie zu beschäftigen. Auch dass Sie ein demokratisch erkämpftes Recht auf eine anständige Entlohnung und für mehr frei verfügbare Zeit als "Emanzipation von oben" bezeichnen, wird wohl einem arg verkürzten Freiheits- und Emanzipationsbegriff geschuldet ein.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping