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Frage von Christian W. •

Frage an Katja Kipping von Christian W. bezüglich Soziale Sicherung

Frau Kipping,

einige Frage hätte ich dann noch zum Thema, bedingungsloses Grundeinkommen: Wovon soll das bezahlt werden? Wollen Sie etwa die Besserverdiener wieder schröpfen? Ab wann ist man bei Ihnen Besserverdiener? Wenn ich mein Studium beendet habe, werde ich in die Wirtschaft gehen und dort arbeiten und auch gut verdienen (ca Steuersatz 38%). Nur dafür muss ich auch regelmäßig meine 10 Stunden am Tag meinen Job machen! Ist es dann also Gerecht mir noch mehr zu nehmen und es Leuten zu geben, die den ganzen Tag zu Hause sitzen, als es der Staat ohnehin schon nimmt (z.B. durch Nichtbegradigung der kalten Progression)?

Oder ist folgende Situation gerecht? EIn Bekannter hat einen relativ gut bezahlten Job bei der Stadt, Straßenarbeiter. Er zwei kleine Kinder.

NUn hatte er einen sog "1 Euro Jobber" in seinem Team. Der hatte ähnliche Voraussetzung, also verheiratet zwei Kinder. Beide verglichen das, was Ihnen am Monatsanfang netto zu Verfügung steht: Das Ergebnis, Beide hatten (mit Wohnung, Heizkosten, ...) das gleiche EInkommen zur Verfügung, jedoch geht der Eine dafür Arbeiten und der Andere braucht nichts dafür zu tun. Der Hartz IV Empfänger hat sogar noch den Vorteil, das die Schulausrüstung und Klassenfahrten vom Amt bezahlt werden!

Ist auch dieses "Gerecht"?

Danke für Ihre Mühen.

mfg

C Westmeier

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Westmeier,

das Konzept der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE. zum Grundeinkommen finden Sie unter https://www.die-linke-grundeinkommen.de Dieses Konzept beinhaltet - wie viele andere interessante Grundeinkommenskonzepte auch - die längst fällige Umverteilung von oben nach unten. Im BAG - Konzept würden alle Menschen unter 6000 Euro Brutto monatlich davon profitieren. In vielen Konzepten werden ebenfalls der überwiegende Teil der Bevölkerung besser gestellt. Eine Übersicht über die verschiedenen BGE-Ansätze finden Sie unter https://www.grundeinkommen.de/04/11/2008/aktuelle-grundeinkommens-modelle-in-deutschland-vergleichende-darstellung.html

Mit einem Grundeinkommen hätten mglw. auch Sie einen finanziellen Vorteil - leider kenne ich aber nicht Ihre Situation bzgl. des zu erwartenden Erwerbseinkommens, um das sicher einschätzen zu können. Des Weiteren kann das Grundeinkommen auch individuell als Arbeitszeitverkürzungsmittel genutzt werden, denn Sie können die weniger gearbeitete Zeit (und damit den geringeren Verdienst) mit einem Grundeinkommen ausgleichen - das Grundeinkommen bekommt im Gegensatz zur Grundsicherung ja jede und jeder. In diesem Sinne hat übrigens auch der DGB - Chef Michael Sommer argumentiert, siehe http://www.welt.de/print-welt/article398767/Plaene_der_Union_werden_Aerger_geben.html
Außerdem würden Sie mit einer Arbeitszeitverkürzung auch Erwerbslosen, die eine Erwerbsarbeit suchen, zu solcher verhelfen. Die unsägliche Praxis der 1 Euro - Jobs, die reguläre Erwerbsarbeit durch einen Kombilohn (Hartz IV plus niedrigste "Entlohnung" in Form einer Mehraufwandsentschädigung, nämlich 1 Euro die Stunde) zu ersetzen, muss selbstverständlich sofort abgeschafft werden. Arbeit, die als Erwerbsarbeit erledigt werden soll, muss ordentlich entlohnt werden, sozial und ökologisch sinnvoll sein sowie demokratisch organisiert werden. Ihrer Einschätzung, dass Erwerbslose den ganzen Tag zu Hause sitzen oder nichts tun, wiederspreche ich energisch. Erwerbslose sind genauso vielfältig bürgerschaftlich engagiert wie Erwerbstätige, nur fehlen ihnen i.d.R. die nötigen materiellen Mittel für ein umfassendes Engagement. Das ist empirisch abgesichert. Auch aus diesen Gründen verurteilen wir ja Hartz IV als "Armut und Ausgrenzung per Gesetz". Ein Grundeinkommen für alle ist gerecht, weil es jeder und jedem den Anspruch auf Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gewährt, so wie es menschenrechtlich auch zu gewähren ist. Auch Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping