Frage an Katja Kipping von Michaela B. bezüglich Gesundheit
Welche Nachweise, Belege, Aufzeichnungen etc. haben Sie, die die Verhältnismäßigkeit des aktuellen polit. SARS-COV-2 Umgangs sowie die geplanten Änderungen/ Verschärfungen zugehöriger Gesetzesmaßnahmen stützen? Konkret bedeutet dies: Wonach sind die Maßnahmen 1. geeignet? Wonach sind sie 2. erforderlich; also das MILDESTE Mittel? Und 3. welche Argumente wurden schließlich bei der Prüfung von Verhältnismäßigkeit; im Sinne von Nutzen und Schaden gegenübergestellt? Denn der Nutzen soll den Schaden deutlich überwiegen! Danke
Sehr geehrte Michaela Borger,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Grundrechtseinschränkungen müssen genau geprüft werden, ich finde Ihre Frage daher sehr wichtig. Allerdings ist sie schwer zu beantworten, da es ja sehr verschiedene Maßnahmen sind, von denen Sie sprechen. Es ist nicht ganz klar, ob Sie zum Beispiel von der Maskenpflicht sprechen, den Schnelltests in Schulen oder den Schließungen von Restaurants, Kneipen und Cafés. Generell sind Maskenpflicht und Lockdown-Maßnahmen ein geeignetes Mittel im Kampf gegen die Pandemie. Das ist durch eine Vielzahl von Studien und Erfahrungen weltweit belegt. Kontaktbeschränkungen senken nachweislich die Übertragung des Coronavirus und verhindern Erkrankungen und Todesfälle. (siehe u.a.: Mrinank Sharma et al.: Understanding the effectiveness of government interventions in Europe’s second wave of COVID-19; https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.03.25.21254330v1.full.pdf)
Nun bin ich keine Juristin, aber ich weiß, dass der Staat die Pflicht hat, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (Art. 2. Abs. 2 Grundgesetz). Wir sind also verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Gerichte haben schon sehr häufig einzelne Maßnahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung in Ihrem Sinne zu unterzogen und ein juristische Einschätzung geliefert. Ich kann Ihnen eine politische Einschätzung geben. Die Einschränkungen im Privatleben, im Kulturbereich und im Einzelhandel sind gravierend. Sie stellen in Anbetracht der Dauer der Pandemie eine extreme psychische und wirtschaftliche Herausforderung für uns dar. Daher übe ich auch von Anfang an erhebliche Kritik an der unzureichenden sozialen Abfederung für Bürger*innen mit wenig Ressourcen. Demgegenüber stehen äußerst laxe Regelungen für die Wirtschaft und den Arbeitsschutz. Ich beurteile die Maßnahmen also als unausgewogen. Sie haben eine starke Schlagseite zugunsten der Wirtschaft. Mit unserem „Fahrplan für den Corona-Winter“ und dem „Solidarischen Lockdown“ haben wir LINKEN eine Vielzahl von Maßnahmen entworfen, um zum einen die sozialen Folgen besser abzufedern und gleichzeitig die Pandemie zu bekämpfen. Diese können Sie hier einsehen:
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Überlegungen weiterhelfen.
Freundliche Grüße
Katja Kipping