Frage an Katja Kipping von Leonie E. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Kipping,
gibt es im Bundestag, trotz des freien Mandats, eine Fortbildungspflicht für Abgeordnete? Und wenn nein: Wie stehen Sie zu diesem Ansatz, der z.B. bei den Richtern, trotz richterliche Unabhängigkeit, in Hamburg 2019 beschlossen wurde?
Mit freundlichen Grüßen,
L. E.
Sehr geehrte Frau Engelfried,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage. Als Abgeordnete ist mein Fachgebiet Sozialpolitik. Ich muss gestehen, dass ich das Gedankenspiel natürlich sehr charmant finde, dass jeder Bundestagsabgeordnete, der im Parlament über Bestimmungen zu Hartz-IV, Hilfen für Alleinerziehende oder über Mittel für sozialen Wohnungsbau mitentscheidet, eine Zeit lang in die Leben, über die er oder sie da mitentscheidet, hineinversetzt wird.
Ich habe deshalb an mich als Abgeordnete den Anspruch, mich besonders intensiv mit den Expert*innen des Alltags auszutauschen. Daher bin ich regelmäßig mit einem Stand vor dem Jobcenter Dresden, um mit Hartz-IV-Beziehenden ins Gespräch zu kommen und die gesellschaftliche Realität nicht nur durch die Brille von Stellungnahmen und Expertenrunden wahrzunehmen.
Das Ziel Ihrer Petition auf der Plattform Open Petition, das Wissen über den menschengemachten Klimawandel zu verbreiten, finde ich überaus sympathisch.
Ich bezweifle allerdings, dass eine Fortbildungspflicht für Abgeordnete das Problem löst.
Es ist schließlich kein Mangel an Information, der Abgeordnete bestimmter Parteien an emissionsintensiven Technologien festhalten lässt. Die Dekarbonisierung berührt knallharte ökonomische Interessen von großen Unternehmen und bedingt die Umverteilung von Reichtum, um die sozialen Folgen und die Transformation in einer sozial-ökonomischen Wende bewältigen zu können.
Hierfür bedarf es politischen Drucks und gesellschaftlicher Diskussion.
Über die landesrechtlichen Reglungen in der Richterfortbildung kann ich mir kein Urteil erlauben. Grundsätzlich sind die Voraussetzungen hier jedoch andere. Die Fortbildungsverpflichtung kreiert gleichzeitig ja einen Anspruch, Fortbildungen wahrnehmen zu können und eine Verpflichtung an die Justizverwaltungen der Länder, solche auch bereit zu stellen.
Abgeordnete verfügen über sehr viele privilegierte Informationszugänge und weitreichende Informationsmöglichkeiten. Wir können den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages beauftragen, haben Zugang zu Expert*innen, können Anhörungen veranlassen und vieles mehr.
Freundliche Grüße
Katja Kipping