Frage an Katja Kipping von Martin J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Kipping,
vor nicht allzu langer Zeit haben Sie sich öffentlich darum gesorgt, das Hartz IV - Empfänger nicht genug Geld für Verhütung hätten. Ich bin so einer, aber ich brauche eh kein Geld für Verhütung, denn Hart z IV ist schon Verhütung genug. Denn wenn man kaum Geld hat um überhaupt an kulturellen Veranstaltungen oder anderen Aktivitätencteilzunehmen, macht man eh nicht mehr so viel Bekanntschaft mit dem anderen Geschlecht. Die vom Staat und den Medien praktizierte Stigmatisierung von Hartz IV- Empfängern allgemein, als minderqualifiziert, zu faul oder unfähig tut dann noch ihr übriges dazu, dass man bei jeder neuen Bekanntschaft gleich mal ein nicht unerhebliches Thema hat, zu dem man lieber schweigt. Und für etwaige beziehungsfördernde Unternehmungen fehlt eh das Geld.
Also kann man es auch gleich lassen und alleine vor sich hin vegitieren. Schlimmer ist da schon, dass man als ALGII-Bezieher nur sehr schwer an Wohnungen kommt, denn die Stigmastisierungspropaganda ist natürlich auch schon in den Köpfen der Vermieter, ihrer Angestellten und Bildleser angekommen. Und natürlich sollte ich dem jeweilig zuständigen Immobilienkaufmann wohl lieber nicht erzählen, dass ich im Zweifelsfall höher qualifiziert bin als er und seinen Job auch machen könnte...
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie diese Auswirkung von Hartz IV auch thematisieren könnten. Inzwischen kann ich mich schonmal darauf einstellen, dass ich demnächst obdachlos bin. Da muss ich erst zum Landstreicher werden, um dann vielleicht mit einem Vermittlungsgutschein eine Wohnung zu kriegen. Oder ich vermumm mich mal bei ner Demo, so wie die Einsatzkräfte der Polizei. Dann hat unser Innenminister vielleicht nen schicken Guantanamo-Käfig für mich. Ich bräuchte dort allerdings nen Internetanschluss, nen Drucker und einen Laptop. Sonst kann ich ja keine Bewerbungen schreiben.
Und in diesem Land muß man arbeiten und konsumieren können, um nicht diskriminiert zu werden. Ich würd ja, liesse man mich.
Sehr geehrter Herr Jürgens,
alle Ihre Einschätzungen und Ihre Erlebnisse im Zusammenhang mit Hartz IV kann ich nur zu gut bestätigen.
Darum streiten wir, die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, auch für eine soziale bedarfsorientierte (also armutsfeste) repressionsfreie Grundsicherung, für Mindestlöhne über 8 Euro, sowie für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zum Tarif- bzw Mindestlohn.
Wir halten Hartz IV für Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Es muss schnellstens abgeschafft werden.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping, MdB