Frage an Katja Kipping von Stefan M. bezüglich Umwelt
Hallo Frau Kipping!
Unsere Schüler alarmieren nun jeden Freitag vollkommen zu Recht die Politik, endlich zu handeln und schnell wirklich wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen. Unterstützung finden sie auch von den Scientists4Future, die den Forderungen mit der nötigen Fachkompetenz Nachdruck verleihen! Danke dafür an alle Beteiligten, denn es hat zumindest neue Diskussionen ausgelöst! Und die Zeit drängt.
Da ich selbst noch in der Verkehrsbranche arbeite, würde mich brennend interessieren, wie die Bundesregierung in diesem Bereich vorgehen möchte.
Wann werden z.b. Flüge wieder Preise haben, die sowohl dafür sorgen, daß das Personal am Boden und in der Luft angemessen bezahlt werden kann, als auch dieser Massenkonsum von Flügen, denn etwas anderes ist es nicht, zu Gunsten der Umwelt endlich ein Ende findet?
Der Strassenverkehr trägt einen nicht unerheblichen Teil zu den Treibhausgasemissionen bei. Bei gut 47 Mio zugelassenen PKW laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes aus Januar 2019 kein Wunder. PKW mit Vollelektroantrieb gibt es nicht einmal 100.000 zugelassene in Deutschland. Mit welchen Maßnahmen möchte die Bundesregierung den einzelnen Fahrzeughalter nun zu einem Umstieg auf umweltfreundlichere Lösungen bewegen? Diese 4000 Euro Umweltprämie wird da nicht reichen, denn auch mit dieser Prämie wird sich nicht jeder PKW Halter einen 25-30.000 Euro Neuwagen leisten können oder wollen. Um die fossilen Antriebe von den Straßen zu bekommen, müßte es ja eher so etwas wie eine Zwangs-Abwrackprämie geben, damit diese Fahrzeuge wirklich von unseren Straßen verschwinden und nicht als Gebrauchte weiter der Umwelt schaden.
Der Elektroantrieb scheint sich ja als das Mittel der Wahl herauszukristallisieren: Wie möchte man verhindert, daß für das grüne Gewissen des europäischen Autofahrers in Südamerika oder Afrika für die dafür nötige Rohstoffgewinnung gravierende Umweltschäden verursacht werden?
Danke für ihre Antworten!
Sehr geehrter Herr Matthiaschk,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Im Text fragen Sie nach der Haltung der Bundesregierung. Damit kann ich natürlich nicht dienen.
Was ich aber machen kann ist, Ihnen die Haltung der LINKEN erläutern.
Wir wenden uns, wie Sie, dagegen, dass Flüge häufig preiswerter sind als die Bahn auf gleicher Strecke. Das geht zu Lasten der Umwelt sowie der Beschäftigten an Flughäfen und im Flugzeug. Darum fordern wir eine Kerosinsteuer auf den Flugverkehr (hier ist die gewerbliche Luftfahrt in Deutschland von der Energiesteuer befreit) sowie das Ende von Subventionierungen von Flughäfen, wie es durch einige Bundesländer geschieht. Gleichzeitig fordern wir, die Bahn attraktiver und preiswerter zu machen.
Auch im internationalen Bereich muss ein CO2-Preis die Umweltkosten internalisieren (hier existiert ebenfalls keine Kerosin-Besteuerung). Dabei sind wir skeptisch, dass dies nach dem gegenwärtigen Konzept der EU bzw. der International Civil Aviation Organization (ICAO ) gelingen kann. Die Einbeziehung des innereuropäischen Flugverkehrs in den Europäischen Emissionshandel (ETS) ist weitgehend wirkungslos. Denn hier geht es nur um CO2-neutrales Wachstum ab dem Jahr 2020, und eben nicht um eine notwendige absolute Minderung der Emissionen. Zudem wurde der höhere Treibhausgasfaktor der Luftverkehrsemissionen (einschließlich Wasserdampf) nicht adäquat berücksichtigt. Vergleichbares ist zum Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) durch die ICAO zu sagen, welches umweltpolitisch noch schwächer ausfällt.
Was den Straßenverkehr betrifft, so geht es um eine Verkehrswende, nicht nur um eine Antriebswende. Der individuelle motorisierte Straßenverkehr sowie der Schwerlastverkehr müssen insgesamt deutlich reduziert werden. Nur so lassen sich die notwendigen Restverkehre auch umweltverträglich organisieren. Dabei wird die Elektromobilität sicher die wichtigste Rolle spielen. Aber auch sie darf eben nicht in den Himmel wachsen, ansonsten verschärfen wir all jene Probleme, von denen Sie schreiben, und einige mehr (Umweltschäden durch Rohstoffgewinnung, Akzeptanz von Ökostromanlagen etc.). Gleichzeitig müssen Busse und Bahnen ausgebaut und verbilligt, der Radverkehr und das zu Fuß gehen müssen attraktiver gemacht werden.
DIE LINKE lehnt es in diesem Zusammenhang grundsätzlich ab, Pkws zu subventionieren. Darum unterstützen wir auch keine staatlichen Kaufprämien. Gleichwohl sind wir dafür, dass der Staat sich beim Ausbau einer öffentlichen und leistungsfähigen Ladeinfrastruktur engagiert.
Freundliche Grüße
Katja Kipping