Frage an Katja Kipping von Johann D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Kipping,
Sie setzen sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Was sagen Sie zu dem ernüchternden Ergebnis des Versuchs in Finnland?
MfG
Sehr geehrter Herr D.,
ich danke für Ihre Frage.
Erstens handelte es sich bei dem Experiment in Finnland nicht um ein Grundeinkommensprojekt, sondern um einen Versuch mit 2.000 Erwerbslosen, die zwei Jahre ein partielles Grundeinkommen (560 Euro) erhielten.
Zum Vergleich: Die Armutsrisikogrenze in Finnland liegt bei rund 1.200 Euro netto. Ein Grundeinkommen ist eine existenz- und teilhabesichernde Geldleistung an alle (auch an Erwerbstätige oder Erwerbsunfähige, Rentner*innen, Kinder) , die auch vor Armut schützt, und von Geburt bis zum Tod gesichert ist.
Die Kritiken an der Ausrichtung des Experiment können Sie im Internet nachlesen. Schon die Grundanlage des Experiments ließ erwarten, dass die Ergebnisse nur sehr eingeschränkt oder gar nicht aussagekräftig bezüglich der Effekte eines Grundeinkommens sind.
Die veröffentlichte Auswertung, die das erste Jahr des Experiments betrifft, zeigt, dass sich das Wohlbefinden derjenigen, die o. g. Leistung anstelle des üblichen Arbeitslosengeldes bezogen, besser ist.
Sie zeigt auch, dass die Unterstellung, Erwerbslose würden sich nur um Erwerbsarbeit bemühen, wenn ein Teil der sozialen Leistungen nicht größtenteils mit Erwerbseinkommen verrechnet werden, offensichtlich nicht stimmt - zumindest bezüglich des konkreten finnischen Sozialleistungssystems. Und sie zeigt auch, dass lediglich mit der Ausgestaltung von Sozialleistungen für Erwerbslose nur bedingt etwas an einer bestehenden schlechten Arbeitsmarktsituation verändert werden kann.
Alle diese Ergebnisse bestätigen die Annahmen vieler Expert*innen.
Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, in Deutschland endlich mit der schrittweisen Einführung von sozialen Leistungen, die in Richtung Grundeinkommen gehen, zu beginnen. Und in Europa endlich Mindeststandards für menschenwürdige und repressionsfreie Sozialleistungen einzuführen.
Freundliche Grüße
Katja Kipping