Frage an Katja Kipping von Rigo P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kippling,
Mehr als 16 Jahre nach der Wiedervereinigung will die große Koalition Geschädigten des DDR-Regimes sogenannte SED-Opfer-Pensionen zuerkennen.
Dies teilte der Unions-Fraktionsvorsitzende Kauder heute nach der Klausur der Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD in Werder bei Berlin mit.
Wie steht Ihre Partei zu einer solchen Opferpension und einem nun zu erarbeitendem Gesetzentwurf ?
Mit freundlichen Grüen,
R.Pohl
Sehr geehrter Herr Pohl,
auch die Linkspartei.PDS befürwortet eine solche Opferpension, allerdings halten wir den von Ihnen angesprochenen Vorschlag der Regierungskoalition weder für einen geeigneten Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte noch wird die vorgesehene Entschädigung in ihrer geringen Höhe und Begrenzung auf nur einen kleinen Teil der Opfer der Realität gerecht. Vor allem lehnen wir die von der Koalition vorgesehene obligatorische "Bedürftigkeitsprüfung" und Erfordernis einer mindestens sechsmonatigen Haftdauer ab. Die bestehenden Gesetze verfolgen nicht das Ziel einer angemessenen Entschädigung, sondern versuchen lediglich, eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Meine Fraktion hat darum einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach jeder politisch Verfolgte pauschal und ohne Bedürftigkeitsprüfung 511 Euro monatliche Opferrente ab dem ersten Hafttag erhalten soll. Die Höhe der Opferrente orientiert sich nicht an den vorhandenen Entschädigungssätzen, weil sie zugleich eine moralische und gesellschaftliche Anerkennung vermitteln soll. Viele der Betroffenen sind infolge ihres politischen Engagements beruflich dauerhaft benachteiligt worden und sind auch heute noch wirtschaftlich schlechter gestellt. Darüber hinaus liegt bei vielen von ihnen eine Mehrfachbetroffenheit durch verschiedene Maßnahmen vor, weshalb bei der Pauschalierung der Opferrente ein entsprechend hoher Betrag angesetzt wird.
Außerdem werden in unserem Gesetzentwurf weitere Verfolgtengruppen, die bisher von den gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen oder durch diese benachteiligt wurden berücksichtigt. Hierzu gehören u. a. deportierte Zivilpersonen (insbesondere Frauen), verfolgte Schülerinnen und Schüler und Betroffene von gezielten nicht strafrechtlichen Maßnahmen, die der politischen Verfolgung dienten ("Zersetzungsmaßnahmen"). Darüber hinaus werden die Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen und für die Rehabilitierung politisch Verfolgter nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, dem Berufsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und dem Häftlingshilfegesetz erleichtert, um vorhandenen Beweisschwierigkeiten und fehlender Antragstellung mangels ausreichender Information der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden. In den Verfahren zur Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden liegt die Beweislast bisher bei den Opfern, diese Praxis möchten wir gern ändern.
Sie finden das Dokument im beigefügten Anhang und können seinen Weg mit Hilfe der Drucksachennummer 16/4846 z.B. im Internet verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping