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Frage von Marco H. •

Frage an Katja Kipping von Marco H. bezüglich Recht

Hallo Frau Kipping,

mich interessiert ein Rechtsstreit aus RLP. Es geht um ein Urteil, gesprochen vom OLG Koblenz 1. Senat Familie (Az: 13 UF 32/17) vom 14.02.17.

Einen Link übersende ich Ihnen hiermit:

http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentenanzeige&showdoccase=1&doc.id=KORE242742017&doc.part=L

Nun zu meinem Anliegen:

Ich möchte keine Bewertung des Urteils vornehmen, sondern lediglich auf die Rn58 verweisen und von Ihnen eine Erklärung erbitten, wie denn diese Aussage zu interpretieren ist und was Ihnen selbst davon -tatsächlich-
bekannt ist? Des Weiteren interessiert mich, ob Sie auf bundespolitischer Ebene diesen Sachverhalt intensivst zur Debatte stellen werden und ob Sie ggf. daran mitwirken werden, einen Untersuchungsausschuss einzuleiten? Die Voraussetzungen dafür sind nach Ansicht vieler Experten gegeben. Wie sehen Sie das?

Wie konnte es eigentlich zu diesem Rechtsbruch kommen und wann wird die rechtsstaatliche Ordnung wieder hergestellt sein?

Vielen Dank.

Hier noch die von mir avisierte Aussage:

"Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. Denn er kann sich weder auf § 15 Abs. 4 Satz 2 AufenthG noch auf § 95 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 GFK berufen. Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt."

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr H.,

Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass die Migrations- und Flüchtlingspolitik auf allen politischen Ebenen intensivst debattiert wird. Insofern kann ich Ihre Frage, ob wir uns an dieser Debatte intensiv beteiligen, nur mit „ja“ beantworten.

Ich denke, die europäischen Regierungen, und die Bundesregierung mit ihnen, haben dabei versagt, eine politische Lösung für die Flüchtlingsfrage in Europa zu finden. Dies ist eine politische Frage, die auf der Ebene des politischen Meinungsstreits und somit auch im Parlament ausgetragen werden muss.
Da weniger die Fakten, sondern die politische Beurteilung von Entscheidungen der Exekutive strittig sind, halte ich einen Untersuchungsausschuss dabei nicht für das richtige Mittel, diesen Meinungsstreit auszutragen. Hierfür scheint mir das parlamentarische Fragerecht und die öffentliche Diskussion eindeutig das geeignete Mittel der Wahl.

Die im zitierten Absatz ausgedrückte Meinung, dass die rechtsstaatliche Ordnung in Bezug auf das Aufenthaltsgesetz seit zwei Jahren außer Kraft gesetzt sei, teile ich ausdrücklich nicht. Da diese Behauptung im Urteil nicht weiter begründet ist, vermag ich diese sehr steile These auch nicht sinnvoll zu kommentieren. Fakt ist, dass die Zahl der Verurteilungen auf Grund von Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz seit Ende der 1990er Jahre bis ungefähr vor zehn Jahren gesunken sind. Seitdem ist die Zahl der Verurteilungen auf Grund von Verstößen gegen die nebenstrafrechtlichen Bestimmungen im Aufenthaltsgesetz relativ konstant.

Unabhängig davon lässt sich trefflich darüber streiten, ob die gesellschaftlichen Fragen, die Flucht und Migration aufwerfen, mit dem Strafrecht zu lösen sind. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Ich glaube das jedenfalls nicht.

Freundliche Grüße
Katja Kipping