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Frage von Glenn W. •

Frage an Katja Kipping von Glenn W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Kipping,
aus aktuellem Anlaß interessiert mich Ihre Meinung zum grenzüberschreitenden Nachtzugverkehr. Wie Sie sicherlich wissen hat die Deutsche Bahn ihre CityNightLine Angebote schon vor einiger Zeit eingestellt, jetzt folgt die Kürzung der von der ungarischen Bahn (MAV) betriebenen Strecke Budapest-Berlin auf Budapest-Prag. Somit sind Dresden und Berlin ab dem 10.12.2017 vom Nachtzugverkehr auf dieser Strecke abgehängt. Im Falle Dresdens noch schlimmer, hier verkehrt nach der schon 2015 durchgeführten Streichung des Nachtzugs Prag-Amsterdam gar kein Nachtzug mehr.
Dies hat sicherlich soziokulturelle Auswirkungen auf die ohnehin schon xenophob und regionalpatriotisch einzuschätzende Mentalität der Bewohner der sächsischen Hauptstadt.
Deshalb hier nicht nur die Frage nach Ihrer Meinung, sondern die Aufforderung sich im Bundestag für die Wiederbelebung des europäischen Nachtzugangebots einzusetzen. Mittel wären z.B. staatliche Förderung desselben oder gesetzliche Gleichbehandlung der Verkehrsmittel zu schaffen, z.B. durch Besteuerung des Flugverkehr und des benötigten Kerosins. Ich freue mich über Ihre Antwort und Ihr tatkräftiges Handeln in diese Richtung.
Gute Nacht!

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wir haben uns, seit der Niedergang der Nachtzüge absehbar wurde, sehr intensiv für deren Erhalt eingesetzt. Beim Verkehr in das benachbarte Ausland spielt die Bahn leider eine zunehmend geringere Rolle. Dies ist einerseits auf die vielen neuen Fluglinien zurückzuführen, die massiv politisch unterstützt werden – vor allem durch die Mehrwertsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Flüge und die Steuerbefreiung für Kerosin. Andererseits hat die DB AG als Betreiber der meisten Nachtzüge von und nach Deutschland sich in den letzten Jahren zunehmend aus dieser Sparte zurückgezogen. Es wurden immer mehr Verbindungen gestrichen, die verbliebenen Züge wurden nur noch notdürftig instandgesetzt, waren häufig nicht buchbar, und das Angebot wurde kaum noch beworben. Dennoch haben erstaunlich viele Kundinnen und Kunden den Nachtzügen die Treue gehalten; die Fahrgastzahlen stiegen bis zum Ende der DB-Nachtzüge im Dezember 2016 sogar weiter an.

Wir sagen: Nachtzüge und andere internationale Züge haben auch heute noch eine Zukunft. Sie sind sozial, weil sie allen Menschen ein bezahlbares Reisen auch auf weiten Strecken ermöglichen. Sie sind aber auch die mit Abstand umwelt- und klimaverträglichste Option für Fernreisen, die dazu noch sehr komfortabel ist. Kein anderes Verkehrsmittel bietet die Möglichkeit, am Morgen ausgeschlafen in einer anderen Stadt anzukommen und wenn nötig zu anderen Orten weiterzureisen. Daher müssen diese Züge auch in Zukunft erhalten bleiben und dürfen nicht allein unter dem Aspekt der Kosten gesehen werden. Zudem müssen die Benachteiligungen der Bahn gegenüber dem Luftverkehr und dem Autoverkehr endlich konsequent abgebaut werden. Leider hat die Große Koalition in der letzten Legislaturperiode nichts ernsthaftes in diese Richtung unternommen, obwohl wir immer wieder mit unseren parlamentarischen Initiativen auf das Problem hingewiesen haben.

Ein Konzept für einen zukünftigen vernetzten und optimal vertakteten Nachtzugverkehr in Europa wurde 2016 vorgestellt. Dieses „LunaLiner“-Konzept zeigt, wie ein zukünftiges erweitertes internationales Bahnnetz in Europa aussehen könnte, das die Bahn in Zukunft auch auf internationalen Reisen wieder zu einer attraktiven Option macht. Wer die Verpflichtung auf die Klimaziele von Paris und Marrakesch ernst nimmt, kommt an einer Renaissance für den internationalen Bahnverkehr und insbesondere für die Nachtzüge nicht vorbei.

Und hier noch ein paar Links zu unseren Aktivitäten zum Thema:

• Unsere Anträge zum Erhalt der Nachtzüge (18/2494 und 18/7904) haben viel dazu beigetragen, den öffentlichen Fokus auf das Thema zu lenken.

• Unser Antrag „Mehrwertsteuerreduktion im Schienenpersonenfernverkehr“: 18/3746 • Zur Situation der Nachtzüge haben wir außerdem die Kleine Anfrage „Wirtschaftlichkeit und Zukunft der Nachtzüge“ (18/3809) gestellt.

• Auf die Anträge hin gab es im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zwei Anhörungen, in denen die Bedeutung und gleichzeitige Benachteiligung der Nachtzüge nochmals deutlich wurde: https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a15/oeffentliche_anhoerungen/026_sitzung_inhalt/340026; https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a15/oeffentliche_anhoerungen/095-sitzung-inhalt/490456

• Zusammenfassender Text von Sabine Leidig: Nachtzüge im Bundestag – „ein Drama in fünf Akten“: http://www.nachhaltig-links.de/index.php/bahn/schienenverkehr

• Unser Alternativkonzept „LunaLiner“ ist hier zu finden: http://www.bahn-fuer-alle.de/pages/bestandsaufnahme/lunaliner.php

Viele Grüße
Katja Kipping