Frage an Katja Kipping von Christian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Kipping
Danke für Ihre Antwort vom 24.5.2016
http://www.abgeordnetenwatch.de/katja_kipping-778-78250--f455423.html#q455423
Sie schreiben das ich einen ganzen Kontinent als rückschrittlich bezeichne, was allerdings nicht ganz korrekt ist: ich schrieb "TEILWEISE sehr rückschrittlich".
Diese Bezeichnung kommt allerdings nicht von ungefähr.
In dieser Studie von 2013 wurden Muslime weltweit über Ihren Glauben befragt:
http://www.pewforum.org/2013/04/30/the-worlds-muslims-religion-politics-society-beliefs-about-sharia/?utm_source=mandiner&utm_medium=link&utm_campaign=mandiner_201309
Eine überwiegende Mehrheit der Muslime aus dem Nahen Osten, Nordafrika, usw. befürworten, dass die Scharia zum obersten Gesetz eines Landes werden sollte, dass Ehebruch & das Verlassen des Islams mit dem Tode bestraft werden sollten.
Die Zahlen sind erschreckend. Von daher finde ich das Wort "rückschrittlich" in diesem Kontext durchaus angebracht.
http://www.pewforum.org/files/2013/04/gsi2-chp1-3.png
http://www.pewforum.org/files/2013/04/gsi2-chp1-8.png
http://www.pewforum.org/files/2013/04/gsi2-chp1-9.png
https://en.wikipedia.org/wiki/LGBT_rights_in_Afghanistan
Ich mache mir Sorgen darüber das sich unsere Gesellschaft stark zum negativen verändern könnte wenn wir unbeschränkt Leute in unser Land lassen die solche Ideen vertreten.
Natürlich kann man die Mentalität der Menschen ändern, dazu braucht es aber menschliche Kapazitäten, doch diese sind nur begrenzt vorhanden, weshalb ich mich für eine Obergrenze ausspreche.
Es ist richtig das die Flüchtlinge die zu uns kommen auch gut behandelt werden sollten, aber sind Sie nicht der Meinung das es finanzielle Limits, limitierten Wohnraum und auch begrenzte menschliche Kapazitäten gibt? Schließlich müssen wir diese Leute irgendwie in unsere Kultur integrieren oder es werden sich Parallelgesellschaften bilden oder Schlimmeres passieren.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Bahlmann
Lieber Herr Bahlmann,
vielen Dank auch für diese Nachricht. Dass Menschen überwiegend aus Gegenden fliehen, in denen autoritäre Gesellschaftsvorstellungen, politische Verfolgung, bittere Armut oder Krieg herrschen, kann meines Erachtens nicht ernsthaft als Argument gelten, dass man genau diesen Menschen die Möglichkeit der Zuflucht und die Prüfung ihres Schutzbegehrens verweigert.
Darüber reden wir derzeit und nicht darüber, „unbeschränkt Leute ins Land (zu) lassen“ wie Sie schreiben.
Die Genfer Flüchtlingskonvention ist schließlich ins Leben gerufen und das Asylrecht ins Grundgesetz geschrieben worden, weil Menschen unter anderem aus einem Land geflohen sind, in dem eine Mehrheit der Menschen die Nürnberger Rassegesetze begrüßt hat. Die Pflicht zur Prüfung jedes Einzelfalles ist gerade ins Gesetz geschrieben worden, weil es auch damals alle möglichen Ängste vor denen, die da kommen würden, gab. Rückschrittlich wäre es, diese Errungenschaften in Frage zu stellen. Diese Normen sollen doch gerade Menschen schützen, die vor eben solchen Verhältnissen fliehen.
Über die von Ihnen zitierte Studie ließe sich viel sagen. Dass Menschen in Gegenden mit einem nicht existierenden oder dysfunktionalen Rechtssystem der Meinung sind, dass für familien- und zivilrechtliche Streitigkeiten religiöses Gesetz herangezogen werden soll, mag so sein. Für Deutschland stellt sich die Frage nicht. In Deutschland gilt jenseits von Anwendungsfällen des Internationalen Privatrechts gleiches Recht für alle. Gleichheit vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung haben Verfassungsrang. Das wissen auch Menschen, die neu nach Deutschland kommen.
Ich kann Ihre Frage zu den „Limits“ ganz kurz und knapp beantworten: Ja, ich finde, dass die Ressourcen in diesem Land ausreichend vorhanden sind, um den derzeit zu uns kommenden Flüchtlingen ein menschenwürdiges Ankommen in dieser Gesellschaft zu ermöglichen. Jede große Veränderung produziert auch Konflikte, Ängste, Aushandlungsbedarf. Ich finde, man sollte dabei nicht vergessen, worum es im Kern geht. Höhlen wir das Asylrecht und die GFK aus, weil Menschen es in Anspruch nehmen, oder nehmen wir die Grundsätze der Verfassung ernst.
Herzliche Grüße
Katja Kipping