Frage an Katja Kipping von Claudius E. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Damen und Herren,
dies stellt eine allgemeine Anfrage zur aktuellen Politik dar.
Zunächst einmal möchte ich auf die Abstimmung zur Verhinderung der Neuzulassung von Glyphosat eingehen.
Dort hat die Mehrheit der Politiker dagegen gestimmt. Bedeutet dies, dass die Neuzulassung erfolgt?
Generell ist es ja erst einmal fragwürdig, dieses Produkt weiter zuzulassen, da es ja anscheinend berechtigte Zweifel und Warnungen gibt. Deshalb meine Frage: Sind sie für eine Neuzulassung?
Wenn ja, würden mich die Gründe interessieren. Außerdem wüsste ich gerne, warum die Zulassung direkt einen Zeitraum von 15 Jahren vorsieht. Gibt es eine Möglichkeit, die Zulassung in diesem Zeitraum zu widerrufen, sollten neue Erkenntnisse bekannt werden oder man es sich anders überlegen? Es wäre schade, wenn sich etwas, wie bei dem Atomausstieg wiederholen würde, wo nun Unternehmen klagen können.
Weiterhin würde mich die Glaubwürdigkeit der bei der Entscheidung zu Rate gezogenen Studien interessieren. Generell hätte ich nämlich auf dem Gebiet eher eine Politik nach dem Motto "Erst, wenn bewiesen ist, dass das Produkt keine Schäden hervorruft wird es zugelassen". Im Moment scheint es eher nach dem Motto "Das Produkt wird solange zugelassen, bis bewiesen ist, dass es Schäden hervorruft" zu gehen, was ich für nicht gerade verbraucherfreundlich halte.
Eine weitere Frage betrifft die aktuell mal wieder in den Medien aufgegriffene "Schere zwischen Arm und Reich", die weiter auseinander geht.
Ist das in Ihrem Interesse? Wenn ja, warum?
Wenn nein, was beabsichtigen Sie konkret dagegen zu unternehmen und bis wann erhoffen Sie sich erste Besserungen auf dem Gebiet?
Auch würde mich Interessieren, was Ihr Ziel auf dem Gebiet ist, also z.B. nur zu verhindern, dass die Unterschiede größer werden, oder diese auch abzubauen. Also was ihre Idealvorstellung ist.
Ich freue mich auf Ihre Antworten.
Freundliche Grüße
Claudius Ellsel
Zunächst einmal möchte ich auf die Abstimmung zur Verhinderung der Neuzulassung von Glyphosat eingehen. Dort hat die Mehrheit der Politiker dagegen gestimmt. Bedeutet dies, dass die Neuzulassung erfolgt?
Die EU-Kommission hat die Entscheidung über die Neuzulassung von Glyphosat zunächst lediglich verschoben, weil sich in ihrer Sitzung Anfang März abzeichnete, dass nicht genügend Stimmen für eine Neuzulassung um weitere 15 Jahre zustande kommen würde. Die neue Abstimmung ist für die Sitzung am 18./19. Mai 2016 vorgesehen.
Generell ist es ja erst einmal fragwürdig, dieses Produkt weiter zuzulassen, da es ja anscheinend berechtigte Zweifel und Warnungen gibt. Deshalb meine Frage: Sind sie für eine Neuzulassung?
DIE LINKE stimmt einer Neuzulassung zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu, denn die wissenschaftlichen Einschätzungen über die Gefahren von Glyphosat gehen sehr weit auseinander: Die Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingegen sah und sieht bis dato keine gesundheitlichen Gefahren. Dieser letzten Einschätzung folgte auch die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA).
Für DIE LINKE ist die Klärung des wissenschaftlichen Widerstreits die wichtigste Voraussetzung für eine Neuzulassung. Als Sofortmaßnahmen fordert DIE LINKE bereits jetzt ein Verbot aller Anwendungen, die aus unserer Sicht nicht erforderlich sind. Dazu gehört die so genannte Vorerntebehandlung, aber auch die Verwendung im privaten Bereich sowie den Verkauf in Baumärkten und im Internet.
Wenn ja, würden mich die Gründe interessieren. Außerdem wüsste ich gerne, warum die Zulassung direkt einen Zeitraum von 15 Jahren vorsieht.
Im Juni 2016 läuft die EU-weite Genehmigung für Glyphosat ab. Nachdem die EU-Kommission zunächst eine Wiederzulassung für einen Zeitraum von 15 Jahren vorsah, schlägt sie aktuell eine Wiederzulassung für die nächsten 10 Jahre vor. Die Zeiträume sind jedoch insofern willkürlich, da sie nicht sachlich begründet, sondern eher ein Ergebnis der Verhandlungen sind.
Gibt es eine Möglichkeit, die Zulassung in diesem Zeitraum zu widerrufen, sollten neue Erkenntnisse bekannt werden oder man es sich anders überlegen? Es wäre schade, wenn sich etwas, wie bei dem Atomausstieg wiederholen würde, wo nun Unternehmen klagen können.
Grundsätzlich kann die EU-Kommission erteilte Zulassungen selbstverständlich immer widerrufen, z.B. wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt. Die Mitgliedstaaten können dann Zulassungen für einen Übergangszeitraum aufrechterhalten.
Weiterhin würde mich die Glaubwürdigkeit der bei der Entscheidung zu Rate gezogenen Studien interessieren. Generell hätte ich nämlich auf dem Gebiet eher eine Politik nach dem Motto "Erst, wenn bewiesen ist, dass das Produkt keine Schäden hervorruft wird es zugelassen". Im Moment scheint es eher nach dem Motto "Das Produkt wird solange zugelassen, bis bewiesen ist, dass es Schäden hervorruft" zu gehen, was ich für nicht gerade verbraucherfreundlich halte.
Die unterschiedliche Bewertung des IARC und des BfR resultiert erstens aus der Auswahl von Studien sowie angewendeten Bewertungsmethoden und zweitens aus einem grundsätzliches Widerspruch.
Zu 1.) Die internationalen Wissenschaftler des IARC haben Studien in ihre Bewertung einfließen lassen, die das BfR aus formalen Gründen ausgeschlossen hat und sie haben nicht die Studienbewertung der Industrie übernommen, sondern andere OECD-Auswertungsmethoden angewandt, mit denen nach ihrer Aussage Effekte gefunden wurden, die in der Originalstudie nicht dokumentiert waren. Auch der Wert und die Aussagekraft epidemiologischer Studien unterscheidet sich zwischen beiden Institutionen – das BfR misst ihnen deutlich weniger Bedeutung zu, obwohl sie – ein geeignetes Studiendesign vorausgesetzt – kumulative oder indirekte Effekte unterschiedlicher Ursachen, also die in der Realität wahrscheinlichere Gefahrensituation – besser erfassen können als Laborstudien, die ja auf direkte Ursache-Wirkungsbeziehungen schauen.
Zu 2.) Das IARC geht davon aus, dass Wirkmechanismen von Glyphosat nachgewiesen wurden, die ein KO-Kriterium für die Zulassung bedeuten – bei denen also unabhängig davon, wie wahrscheinlich ein Kontakt ist, eine Zulassung verwehrt werden muss. Das wiederum bestreitet das BfR und geht deshalb in seiner Analyse davon aus, dass die Kontaktwahrscheinlichkeit so gering ist, dass kein Risiko für gesundheitsschädliche Wirkungen besteht.
Eine weitere Frage betrifft die aktuell mal wieder in den Medien aufgegriffene "Schere zwischen Arm und Reich", die weiter auseinander geht. Ist das in Ihrem Interesse? Wenn ja, warum?
Ende letzten Jahres hat die Bundesregierung den Armuts- und Reichtumsbericht vorgestellt. Er zeigt, dass sich die Schere zwischen denen, die überdurchschnittlich vom Reichtum unserer Gesellschaft profitieren und denen, die kaum das Nötigste haben, immer weiter öffnet. Und dass diejenigen, die auf Hilfen angewiesen sind, kaum eine Chance haben, sich aus ihrer Lage zu befreien. In keinem Land Europas ist der Reichtum so ungleich verteilt wie in Deutschland: Allein das reichste Prozent besitzt ein Drittel des gesamten Privatvermögens. Das ist nicht im Interesse der restlichen 99%, und ganz bestimmt nicht für uns: Wir, DIE LINKE, streiten für eine gerechte Gesellschaft.
Wenn nein, was beabsichtigen Sie konkret dagegen zu unternehmen und bis wann erhoffen Sie sich erste Besserungen auf dem Gebiet? wie gesellschaftliche Ungleichheit abgebaut und Armut und soziale Ausgrenzung bekämpft werden kann.
DIE LINKE hat viele Vorschläge auf den Tisch gelegt. Wir kämpfen schon seit Jahren dafür, endlich große Vermögen angemessen zu besteuern. So wollen wir zum Beispiel eine Millionärsteuer, also Vermögen von über eine Millionen Euro mit fünf Prozent besteuern. Das brächte etwa 80 Milliarden Euro. Mit dem Geld könnte man viele gesellschaftlich sinnvolle Maßnahmen finanzieren, um Armut zu bekämpfen. Wir setzten uns auch für ordentliche Löhne und einen Mindestlohn in Höhe von derzeit 10 Euro ein. Wir streiten für eine Mindestsicherung und Mindestrente von 1050 Euro, bei hohen Mieten ergänzt durch Wohngeld. Wir wollen eine Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen analog der Forderungen der Wohlfahrtsverbände und von Teilen der Gewerkschaften. Diese Liste ließe sich fortsetzen.
Auch würde mich interessieren, was Ihr Ziel auf dem Gebiet ist, also z.B. nur zu verhindern, dass die Unterschiede größer werden, oder diese auch abzubauen. Also was ihre Idealvorstellung ist.
Meine Idealvorstellung ist die einer gerechten Gesellschaft. Wie die aussehen kann, lesen Sie gerne in dem von mir und Bernd Riexinger verfassten Papier “Revolution der Gerechtigkeit“ nach: