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Frage von Birgit M. •

Frage an Katja Kipping von Birgit M. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Kipping,

ich finde die Haltung der intellektuellen Linken in Bezug auf die Bedrohung des erreichten Grades der Emanzipation der Frauen wegen des Einzugs von jungen männlichen Flüchtlingen und Migranten aus dem arabischen/afrikanischen Raum sehr bedenklich und beobachte mit großer Sorge, ob die Linke mit ihrer zu weiten Toleranz nicht in schwedische Verhältnisse abdriftet.
Es scheint auf einen sehr ernst zu nehmenden Konflikt zwischen Rassismus und Freiheit der Frauen hinaus zu laufen.
Wenn Sie mich als Linke (61) fragen würden: Wir haben 40 Jahre für die - noch immer noch unvollständige Freiheit und (sexuelle)- Selbstbestimmung der Frauen - gekämpft. Warum sollten wir das unvollständig inzwischen Erreichte nun wegen des Einfalls von hundertausend jungen Arabern mit einem Frauenbild aus dem 16. Jahrhundert relativieren ?
Das sehe ich überhaupt nicht ein, obwohl auch ich in der Berliner U- Bahn nun schon schaue, wer vor und hinter mir ist und ich nach ein paar unerfreulichen Erlebnissen mit Migranten das Pfefferspray immer dicht bei mir trage. Meine ganz konkrete Frage:
(1) Soll/Muss aus Ihrer Sicht das Ausländerrech/Asylrecht dahin gehend geändert werden, dass gegenüber Frauen /Flüchtlingsfrauen im öffentlichen Raum sexuell übergriffige Personen /Männer sofort abgeschoben werden müssen , auch wenn eine rechtskräftige Verurteilung nach dem deutschen STGB nicht erreicht werden konnte (sexuelle Belästigung ist leider in D noch immer kein Straftatestand, auch nicht nach neuem Recht und Nachweis ist schwierig.
(2) Da ich nicht glaube, dass Sie diese Kerle sofort abschieben wollten, frage ich
(3) Wieviel Übergriffe auf sexuelle Selbstbestimmung und wieviel Belästigung im öffentlichen Raum - z.B. beim Joggen im Park - würden Sie einem kulturfremden Araber zubilligen, bevor er abgeschoben werden muss,auch wenn sein Handeln nach deutschem Recht kein Straftatbestand ist?

MFG Birgit Mohr

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Liebe Frau Mohr,

ja ich glaube, dass eine Gefahr für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung von Frauen gibt. Allerdings anders als Sie meinen.
Es gibt eine Reihe von Problemen mit sexualisierter Gewalt in Deutschland. Eins haben Sie selbst angesprochen, die Strafbarkeitslücke in den Bereichen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung.

Ein weiteres ist der unzureichende Schutz von besonders gefährdeten Personengruppen — dazu gehören im Übrigen insbesondere Flüchtlinge, die in Sammelunterkünften oft keine eigenen abschließbaren Räume haben und i.d.R. bei Übergriffen durch das Personal oder andere Geflüchtete keine AnsprechpartnerInnen haben.

Und schließlich gibt es eine chronische Unterfinanzierung von Einrichtung, die Betroffene von sexualisierter Gewalt beraten und diese unterstützen.
Dies sind strukturelle Probleme, gegen welche die Linke und DIE LINKE seit Jahrzehnten kämpfen.

Indem jetzt so getan wird, als wäre sexualisierte Gewalt das ausschließliche Problem migrantischer Männer, wird verhindert, dass strukturelle Probleme angegangen werden.
Jeder, der sich ernsthaft mit dem Problem sexualisierter Gewalt auseinandersetzt, wird feststellen, dass Täter aus allen Schichten der Gesellschaft kommen. Eine EU-weite Studie zeigt, dass sexualisierte Gewalt zu 27 Prozent von Freunden oder Bekannten und in 24 Prozent der Fälle durch eine andere Person, die die Betroffene kannte, ausgeübt wird. Die Vorstellung, dass sexuelle Gewalt die Tat „gefährlicher Fremder“ ist, ist ein gefährlicher Irrtum.

Und ja, Sie haben Recht. Ich will, dass Täter bestraft werden und zwar unabhängig davon, woher sie kommen. Alles andere ist eines Rechtsstaates unwürdig. Und ich will, dass Betroffene geschützt und unterstützt werden, unabhängig davon woher sie kommen. Alles andere ist einer solidarischen Gesellschaft unwürdig.

Freundliche Grüße
Katja Kipping