Frage an Katja Kipping von Peter K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kipping,
vor Ihrer Arbeit als Parteivorsitzende und Mitglied des Deutschen Bundestages habe ich großen Respekt. Ebenso unterstützte ich persönlich Ihren Vorschlag für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland.
> Welche Fortschritte konnte die Partei DIE LINKE im Bezug auf deren Diskussion über ein Bedingungsloses Grundeinkommen in der Vergangenheit erzielen?
> Seit vergangenen Jahr regiert Bodo Ramelow, ein Politiker Ihrer Partei, in Thüringen in einer R2G-Koalition. Sehen Sie R2G als eine mögliche Alternative für die Bundespolitik? Welche Hürden exestieren? Begreifen Sie die dortige Regierung als positiv oder eher weitgehend negativ?
> Fordern Sie eine stärker internationale Ausrichtung des deutschen Bildungssystem, beispielsweise durch die vollständige, bedingungslose Gleichsetzung des internationalen IB Diploma-Abschlusses in Deutschland zum Abitur? Welche Zukunft haben Privatschulen?
> Sehen Sie sich selbst als Sozialistin? Würden Sie sich hierbei nachfolgend eher als Marxistin, Libertäre Sozialistin, Demokratische Sozialistin, oder als Sozialdemokratin bezeichnen?
> Unterstützten Sie die Bestrebungen Kataloniens stärkere politische Autonomie - und evtl. die staatliche Unabhängigkeit - zu erlangen? Würden Sie ein Unabhängigkeitsreferendum in Bayern nach schottischen Vorbild von September 2014 befürworten?
> Sie selbst stammen ja aus Sachsen. Begreifen Sie ihr Heimatbundesland als eher rechts- oder eher linkslastig. Oder finden Sie, dass die neuen Bundesländer unbegründet als ein besonderer Nährboden für Rassismus gilt?
> Wie sehen Sie die Zukunft der Partei DIE LINKE.? Ist Ihr Ziel eher eine progressive, sozialistische Mitgliederpartei; eine linkspluralistische Plattform oder eher eine populistische Protestbewegung wie die italienische 5-Sterne-Bewegung?
Für eine Beantwortung meiner zahlreichen Fragen bedanke ich mich im Voraus bei Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Kleinschmitz
Sehr geehrter Herr Kleinschmitz,
vielen Dank für die vielen Fragen. Ich kann sie auf Grund der schieren Zahl nur kurz beantworten. Mehr Informationen dazu finden Sie auf meiner Homepage ( www.katja-kipping.de ) und auf denen von Partei ( www.die-linke.de ) und Bundestagsfraktion ( www.linksfraktion.de ).
- Die Diskussion über das BGE in meiner Partei hat zu einer Präzisierung von BGE-Konzepten und in Teilen sicher auch zum Abbau von Vorbehalten gegen dieses Konzept geführt. Ich denke, dass es den BGE-BefürworterInnen gelungen, ist stärker herauszuarbeiten, was emanzipatorische BGE-Konzepte von neoliberalen BGE-Konzepten unterscheidet.
- Die Arbeit der linken Landesregierung in Thüringen hat den Praxistest bestanden, die Neueinstellung von 500 Lehrern und die Abschaffung des V-Leute-Systems, das maßgeblich zur Entstehung rechtsterroristischer Gruppierungen beigetragen hat, zeigen, dass DIE LINKE auch in der Regierung einen wahrnehmbaren Unterschied macht.
- Ich habe mich in der Vergangenheit bekanntermaßen für eine Zusammenarbeit von linken Kräften über Parteigrenzen und über die Grenzen parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition hinweg eingesetzt. Für ein Nachdenken über Regierungskoalitionen braucht es aber deutlich mehr. Es muss klar sein, dass ein LINKES Engagement auch politisch einen Unterschied macht, so wie in Thüringen. Dafür bräuchte es eine verbindende klare Abkehr von der derzeitigen militärgestützten Außenpolitik und eine sozialpolitische Wende weg von Hartz-IV. Das kann ich derzeit nicht erkennen.
- Die soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland muss dringend verbessert werden. Dazu gehört auch eine bessere Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen. Meines Wissens gibt es bei der Anerkennung von IB-Diploma-Abschlüssen verhältnismäßig wenig Probleme, da die Anforderungen an die Fächerkombination gering und in der Praxis meist unproblematisch zu erfüllen sind.
- Ich finde, dass nur ein staatliches Bildungssystem eine Zweiklassengesellschaft in der Bildung verhindern kann.
- Ich sehe mich als demokratische Sozialistin.
- Die Frage der Unabhängigkeit Kataloniens sehe ich mit sehr gemischten Gefühlen. Mir ist bewusst, dass diese Frage in Bezug auf die Geschichte des Franquismus in Spanien eine besondere ist. Gegenüber den Hoffnungen durch die Gründung eines neuen Nationalstaats eine gerechtere Gesellschaft zu erreichen, wie es auch von katalanischen Linken erhofft wird, hat sich in der Vergangenheit selten erfüllt. Zudem mischen sich in die Debatte auch eine Reihe sehr problematische und unsolidarisch Argumente, z.B. dass Katalonien als wirtschaftlich starke Region nicht mehr für die anderen Regionen im krisengeschüttelten Spanien beitragen soll.
Anders als in Katalonien sehe ich in Bayern keine ernsthafte Diskussion über die Frage einer staatlichen Unabhängigkeit. Ich glaube auch, dass sich linke Kräfte in Bayern eher über die mäßigende Kraft des deutschen Grundgesetzes gegenüber den fixen Ideen der CSU-Regierung freuen. Wir sollten diese emanzipatorischen Kräfte nicht allein lassen.
- Bundesländer sind weder rechts- noch links. Es gibt in Sachsen ein spezielles Problem mit Rassismus, dieses ist politisch begründet. Es hat mit der speziellen Politik der sächsischen CDU, die bis heute jede Abgrenzung gegen Rassismus verweigert und stattdessen von Ressentiments zu profitieren versucht, zu tun.
- Ich sehe DIE LINKE vor allem als verbindende Partei einer pluralen Linken und als integralen Bestandteil einer Mosaiklinken im oben bereits angedeuteten Sinne.
Viele Grüße
Katja Kipping