Frage an Katja Kipping von Siegfried E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Frau Kipping
Der griechische Finanzminister Varoufakis sagt in Interviews (z.B. auch in DER SPIEGEL Nr. 8/14.2.2015) wiederholt:
1. 90% des Geldes aus den Hilfsprogrammen sind in Wahrheit nie in Griechenland angekommen.
2. Die Deutschen sollten wissen, dass sie mit ihrem Geld nicht Griechenland, sondern Banken, insbesondere in Deutschland und Frankreich, gerettet haben.
Da ihm von den Journalisten nie widersprochen wird, richte ich an Sie die Frage: Hat Herr Varoufakis damit Recht oder lügt er?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Siegfried Ebert

Lieber Herr Ebert,
vielen Dank für Ihre Frage. In diesem Fall muss man wohl nicht Aletheia, die griechische Göttin der Wahrheit anrufen, um festzustellen, dass die Größenordnungen, die Herr Varoufakis nennt, unbestritten sind. In der Tat sind nur ca. 11 Prozent der Gelder, die als Kredite an Griechenland vergeben wurden, für unmittelbare Staatsaufgaben verwandt worden. Der Rest, 89 Prozent, wurde für Zinszahlungen, Schuldendienst und Rückzahlungen an den IWF aufgewandt.
Eine Überlegung der an der Troika beteiligten Institutionen ist dabei auch gewesen, dass Besitzer von griechischen Staatsanleihen, darunter Banken, Pensions- und Hedgefonds aus anderen EU-Staaten vor Zahlungsausfall geschützt werden sollten. Das Bild jedenfalls, das von interessierter Seite gern bemüht wird, „die Griechen“ hätten „über ihre Verhältnisse“ gelebt, ist jedenfalls unzutreffend. Richtig ist, dass die griechischen ArbeitnehmerInnen, Rentner und Erwerbslosen die Konsequenzen der Sparauflagen zu tragen haben, von den eingesetzten Finanzmitteln aber nichts zu sehen bekommen. Es profitieren die Kreditgeber und jene, die durch die Privatisierungsprogramme Staatseigentum zum Schleuderpreis erhalten. Insofern wüsste ich nicht, was an den zitierten Passagen falsch sein sollte.
Freundliche Grüße
Katja Kipping