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Frage von Sandro S. •

Frage an Katja Kipping von Sandro S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kipping,

seitens der Bundesagentur für Arbeit kam vor kurzem der Vorschlag, eine flexible Rente mit 70, die auf freiwilliger Basis gelten soll, einzuführen, um dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Sie sprachen sich daraufhin in Ihrer Rolle als Parteivorsitzende gegen diesen - Zitat - "Quatsch" aus.
Was spricht aus Ihrer Sicht gegen diesen Vorschlag, der doch mit einem hohen Maß an Liberalismus und Entscheidungsfreiheit geschmückt ist?
Wie stehen Sie zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten Ramelow, der sich wiederum gegen Ihre Aussage wandte?

Mit freundlichen (Neujahrs-)Grüßen
Sandro Serafin

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Serafin,

vielen Dank für Ihre Frage und für die netten Neujahrsgrüße. Jede Person, die die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann unbegrenzt und ohne Rentenabzüge weiter arbeiten. Es steht jeder Person daher frei bis zum siebzigsten Lebensjahr und darüber hinaus zu arbeiten. Herr Weise hat vorgeschlagen, „Anreize“ zu setzen, um Erwerbstätigkeit über das gesetzliche Rentenalter hinaus attraktiver zu machen. Wenn man nicht unterstellen will, dass Herr Weise negative Anreize setzen möchte, heißt das konkret Steuergeschenke oder Zuschläge aus der Rentenkasse. Begründet hat Herr Weise dies mit dem Fachkräftemangel in Unternehmen.
Man kann jetzt darüber streiten, ob es – wie Sie es nennen - wirtschaftspolitisch besonders „liberal“ ist, dass die Allgemeinheit für etwas zahlen soll, wovon zunächst diejenigen profitieren, die die Arbeitskraft dieser Fachkräfte verwerten. Schließlich ist es primär die Aufgabe von Unternehmen, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Fachkräfte dazu motivieren für sie tätig zu werden bzw. neue Fachkräfte auszubilden. Dies ist aber nicht mein Punkt.
Das andere Stichwort, das Sie erwähnen, beschäftigt auch mich: Entscheidungsfreiheit. Die ist nämlich an einer anderen Stelle gefährdet. Wir erleben derzeit die Rückkehr von Altersarmut in Deutschland. Die Renten vieler Menschen sind u.a. auf Grund des jahrelangen Lohndumpings so gering, dass sie weiter arbeiten müssen.
Das Reden über die Vereinfachung von Zuverdienst geht im Zweifel nämlich in einer andere Richtung. Die Erleichterung von befristeten Niedriglohnjobs für die Generation Ü65. Was es stattdessen bräuchte, wäre eine solidarische Mindestrente von 1050 Euro.
In der Frage der Entscheidungsfreiheit bin ich mir mit meinem Genossen bzw. dem Ministerpräsident Thüringens absolut einig. Bodo Ramelow schreibt ja ganz deutlich: „Was ich (…) falsch finde, ist wenn Menschen über ihr Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, weil sie sich dazu gezwungen sehen, um ihre Niedrig-Rente aufzustocken. Das ist für mich keine Freiwilligkeit. Und wenn wir über Rente reden, möchte ich gern mal daran erinnern, dass es da immer noch eine ungelöste Aufgabe gibt: Die Ost-West-Angleichung. Die muss endlich umgesetzt werden, damit die ständige und fortwährende Ungerechtigkeit aufhört.“ Anders hätte ich das auch nicht ausgedrückt.

Ich wünsche Ihnen ein gutes und erfolgreiches Jahr 2015.

Mit den besten Grüßen

Katja Kipping