Frage an Katja Kipping von Michael S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Kipping,
Sie gelten in der Linken als "die" Befürworterin eines "Bedigungslosen Grundeinkommens" (BGE).
Unabhängig von ethischen/soz./... Aspekten und möglichen Folgen auf andere Länder/den Handel mit ihnen stellt sich die Frage, wie soetwas überhaupt finanziert werden sollte - ist dies nicht möglich, dann hätte sich das ganze von selbst erledigt.
Soweit mir bekannt, es dies im folgenden Artikel/Aufsatz am besten dargestellt:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=15187#note_2
Egal ob man nun im Zuge eines BGE alle Sozialversicherungssysteme abschaffen will oder einige, z.B. Kranken-/Pflegeversicherung, beibehält, sind die zu tragenden Kosten eines BGEs extrem und die Folgen ebenso. (u.a.: Bei dem im obigen Artikel angenommenen 1000€ pro Person und Monat und Person bräuchte man um die 36% der deutschen Wirtschaftsleistung dafür. Die im Artikel dargelegten möglichen Wege zur Finanzierung sind jedoch alles andere als begeisterungserweckend und auf Grund der enormen Ausmaße gibt es hierfür nicht viele Möglichkeiten.)
Letztlich stimme ich Jens Berger zu, ein BGE bringt nicht das, was es verspricht - oder besser, was die Befürworter sich davon versprechen. Hier wäre die Rettung der Sozialversicherungssysteme besser oder können Sie als "glühende Verfechterin" des BGEs zumindest eine plausibele Finanzierung eines BGE-Modells präsentieren, das auch seinen Namen verdient - also von dem man leben kann. (Wenn man mehr als 1000€ pro Person und Monat aufwenden will, dann würde dies natürlich die Kosten entsprechend erhöhen bzw. wenn man die Höhe des BGEs jährlich an die Inflation anpassen will, dann muss man auch hierfür Lösungen für mögliche auftretende Probleme finden: bspw. könnten die Einnahmen, aus denen die BGE finanziert werden würde in manchen Jahren langsamer wachsen als die Inflation oder in Folge einer Rezession einbrechen.)
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schulz
Sehr geehrter Herr Schulz,
ich bedanke mich für Ihre Mail.
Selbstverständlich sind Grundeinkommen (auch von 1.000 Euro und mehr) finanzierbar - dazu die Modellübersichten in Ronald Blaschke u.a. (Hrsg.): Grundeinkommen. Von der Idee zu einer europäischen politischen Bewegung, VSA-Verlag 2012.
Beim Lesen der Modellübersicht werden Sie auch feststellen, dass viele Grundeinkommensmodelle keineswegs die Renten- und/oder Kranken-/Pflegeversicherung abschaffen, sondern diese zu einer Bürgerversicherung umgestalten wollen. Auch diese Grundeinkommensmodelle sind durchgerechnet.
Die Nachdenkseiten haben leider schon oft Nebelkerzen in die Debatte zum Grundeinkommen geworfen. Im Moment scheint es so, dass die zuständigen Redakteure für eine seriöse Auseinandersetzung auch nicht zur Verfügung stehen, wie der jüngste Beitrag " NachDenkSeiten beim Grundeinkommen gedankenlos" auf www.grundeinkommen.de zeigt.
Zum Inflationsthema: Selbstverständlich müssen Transfersysteme, die die Existenz und Teilhabe sichern sollen, entsprechend der Inflation angepasst werden.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping