Frage an Katja Kipping von Ulla W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kipping,
die gestrige Talkschau bezüglich des Armut-Reichtum-Berichtes bei Jauch brachte mich wieder richtig in Wallung.
Ich habe das Gefühl in diesem Lande wird nur noch nach der Maxime "Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle gedacht" und "selber fressen macht fett" verfahren.
Wieso ist es nicht möglich, die dringende Reformation der Rente dahin gehend zu gestalten, dass ALLE! den gleichen Prozentsatz einzahlen? Wieso sind hier Beamte, Selbstständige und die Damen und Herren Politiker hier außen vor. Und gerade was Ihren Berufsstand anbelangt, ist es ja wohl dermaßen dreist, welche Alterssicherungsleistungen hier bezogen werden. Das steht in keiner Relation zu denen des arbeitstätigen Bürgers.
Von daher sind alle bislang gemachten Vorschläge lediglich mal wieder ein Schlag ins Gesicht der Bevölkerung. Da soll man nach 45 Jahren Berufstätigkeit mit 850 oder 1000 Euro abgespeist werden, ein Betrag der vorne und hinten nicht für ein menschenwürdiges Auskommen reicht und wieviel erhält ein Landtags- bzw. Bundestagsabgeordneter nach 6 Jahren? Dies ist im übrigen eine konkrete Frage und die Antwort interessiert mich sehr!
Sehr geehrte Frau Weimann,
Ihrer Kritik kann ich mich durchaus anschließen. Eine Lösung dafür hat die Bundestagsfraktion DIE LINKE allerdings schon vor längerer Zeit angeboten: Eine Solidarische Rentenversicherung - für einen sicheren Lebensstandard und gegen Armut im Alter, die in unsere umfassenden rentenpolitische Vorschläge eingebettet ist.
Auf www.linksfraktion.de gibt es dazu ausführliche Positionspapiere mit Erläuterungen, aber hier in Kürze unsere Kernforderungen im Bereich Rente (unter Punkt 2. werden dann übrigens auch z.B. Beamte oder Abgeordnete einbezogen, darauf zielte ja auch ganz speziell Ihre Frage):
1.Lebensstandardsicherendes Rentenniveau wieder herstellen
Das Rentenniveau muss so hoch sein, dass es langjährigen Beitragszahler_innen auskömmliche Renten gewährleistet und den Lebensstandard im Alter sichern kann. Es darf deshalb nicht weiter gesenkt, sondern muss wieder auf 53 Prozent angehoben werden. Die ungerechten Abschläge für Erwerbsgeminderte müssen ebenso gestrichen werden wie die Rente erst ab 67.
Die Angleichung der ostdeutschen Renten an das Westniveau ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und muss stufenweise innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen.
Eine gute Rente ist nicht ohne gute Arbeit zu erreichen. Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik müssen deshalb zusammengedacht und zusammengebracht werden. Prekäre Beschäftigung muss eingedämmt, ein flächendeckender Mindestlohn von 10 Euro muss eingeführt werden.
2. Solidarische Rentenversicherung einführen
Wir wollen, dass künftig alle Erwerbstätigen, Erziehenden, Pflegenden, Erwerbslosen in die gesetzliche Solidarische Rentenversicherung einbezogen werden. Das stärkt den Charakter der gesetzlichen Rente als Ersatzleistung für Erwerbseinkommen und zugleich als Solidarsystem. Die Beitragsbemessungsgrenze muss in einem ersten Schritt angehoben werden und mittelfristig ganz entfallen. Zugleich wird der damit verbundene Anstieg der höchsten Renten abgeflacht. Das stärkt die finanzielle Basis der gesetzlichen Rente.
3. Den Solidarausgleich stärken
Kindererziehungszeiten müssen auch für vor 1992 geborene Kinder in voller Höhe gezahlt, Beiträge für Langzeiterwerbslose müssen erneut geleistet, niedrige Entgelte durch die Rente nach Mindestentgeltpunkten aufgewertet werden.
4. Niemand darf im Alter unter die Armutsgrenze fallen – Solidarische Mindestrente einführen
Teilhabe darf auch im Alter nicht enden. Wir brauchen auch in der gesetzlichen Rente einen Mindeststandard, der ein Leben frei von Armut und in Würde ermöglicht. Deshalb will DIE LINKE eine steuerfinanzierte, einkommen- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente einführen, die sicher stellt, das kein Mensch im Alter ein Nettoeinkommen unterhalb der Armutsgrenze hat. Die Solidarische Mindestrente ist ein universales soziales Netz für alle Seniorinnen und Senioren.
Angaben zu den Alterssicherungen von Abgeordneten finden Sie übrigens in den jeweiligen Abgeordnetengesetzen des Bundes bzw. der Länder, die sie z.B. auf den Internetseiten der jeweiligen Parlamente nachlesen können.
Ich gebe Ihnen hier aber schon mal gern das Beispiel Bundestag (die Angaben sind zwar grundsätzlich, aber nicht pauschal auf jeden Parlamentarier anwendbar). Wer z.B. später als 1963 geboren wurde, der erhält nach dem Ausscheiden eine Altersentschädigung, wenn er das 67. Lebensjahr vollendet und dem Bundestag mindestens ein Jahr angehört hat. Die Altersentschädigung bemisst sich nach der monatlichen Abgeordnetenentschädigung - aktuell liegt diese bei 8.252 € brutto. Der Steigerungssatz beträgt vom 1. Januar 2008 an für jedes Jahr der Mitgliedschaft je 2,5 vom Hundert der Abgeordnetenentschädigung. Der Höchstbemessungssatz der Altersentschädigung beträgt 67,5 vom Hundert. Nach 6 Jahren, hätte ein "einfacher" Bundestagsabgeordneter aktuell einen Anspruch auf 1237,80 € Rente erworben.
Dazu möchte ich noch anmerken, dass - wie schon in unseren Rentenvorschlägen beschrieben-, durch die Fraktion DIE LINKE u.a. die Reform der Abgeordnetenversorgung gefordert wird: Alle MdB sollen in die allgemeinen sozialen Sicherungssysteme einbezogen werden, so dass dann auch der entsprechende Eigenbeitrag insbesondere zur Altersentschädigung geleistet wird. Eine Aufnahme der Bundestagsmitglieder in die gesetzliche Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung würde auch einen wichtigen Beitrag zur solidarischen Finanzierung und zur Stärkung der sozialen Sicherungssysteme leisten (und das Übergangsgeld könnte entfallen).
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping