Frage an Katja Kipping von Ralf O. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Kipping,
in ihrer Antwort schreiben sie, dass sie einen Eurobondsmarkt von 5 Billionen Euro schaffen wollen.Desweiteren" Anleger mögen liquide und grosse Märkte".Interessant, dass die Linkspartei sich in die Kapital- und Gewinnlogik der "Anleger" und Finanzhaie reindenkt. Mir kommt das Ganze wie ein gigantisches ökonomisches Wettrüsten vor--ähnlich wie im Kalten Krieg das militärische Wettrüsten. Die USA, die EU und andere Finanzzentren versuchen möglichst viel kritische Masse zu akkumulieren, um vermeintlich Schutzwälle gegen die Spekulation aufzubauen.
Erstens: Wissen sie denn überhaupt im ungefähren, welche Beträge von nöten sind oder geht das alles nach dem Motto: Je mehr desto besser. Zweitens: Wer garantiert eigentlich, dass mit den Eurobonds nicht die nächste Finanzblase gezüchtet wird? Ein 5 Billionen Eurobondsmarkt, der dann immer weiter ausgedehnt wird und womöglich gibt es dann Optionen auf die Eurobonds und dann wieder die Option auf die Option und so weiter--ganz wie im Derivatenhandel. Das heisst, dass man kurzfristig die Spekulation lindert, um sie dann mittel- und langfristifg auf viel höherer Ebene und mit nochmals viel gigantischeren Summen durch die Hintertür wieder an den Hals zu bekommen?Mir erschent dies alles wie die Flucht nach vorne.Warum kehrt man nicht zur EU 1990 bis 2002 ohne den Euro zurück, die ja bestens funktionierte? Warum hält sich die Linke nicht an Lenins Slogan: Ein Schritt zurück, zwei Schritte vorwärts?
Sehr geehrter Herr Ostner,
ich verstehe sehr gut, dass Sie sich als Kleinanleger Gedanken machen. Die Sorgen der vielen Sparer und die Sorge um die sozialen Rechte der Menschen sind der Grund, warum wir uns auch als LINKE sehr intensiv mit den Problemen der Krise des Kapitalismus beschäftigen. Manchmal habe ich in den Debatten des Bundestages oder in den Talkshows deshalb auch den Eindruck, dass wir mehr davon verstehen, als so mancher Vertreter von Parteien, denen allgemein mehr Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird.
Aber wie schon in meiner früheren Antwort beschrieben, führen die Eurobonds nicht zur Enteignung der Sparer in Deutschland. Sie mögen vielleicht die Kreditkosten der Deutschlands - die jetzt ja teilweise negativ sind - etwas erhöhen. Aber letztlich ist wohl nichts gefährlicher für die Sicherheit Ihrer Sparguthaben, als ein Auseinanderbrechen des Euros.
Wir brauchen eine Politik der Solidarität der europäischen Staaten und Bevölkerungen gegen die dreisten Angriffe der Finanzmärkte. Deshalb müssen wir nun das soziale Europa schaffen. Eine europäische Währung kann nur funktionieren, wenn es auch eine europäische
Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt. Darauf verzichtet zu haben, war der große Fehler der Währungsunion. Das müssen wir jetzt dringend nachholen. Nur so können in Deutschland und in den anderen Teilen Europas soziale Rechte, Renten und Sparguthaben gesichert werden. Die gegenwärtige Politik von Merkel, die ja von SPD und Grünen mitgetragen wird, wird in die wirtschaftliche Krise hingegen verstärken.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass sie weiterhin kritisch bleiben und vielleicht auch nochmals Ihre Position zu den Eurobonds überdenken.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping