Frage an Katja Kipping von Herbert M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Kipping,
ich hätte von Ihnen gerne gewusst, wie Sie zur Besteuerung "geldwerter Vorteile" von (Grund-) Wehrdienstleistenden und Reservisten stehen.
Als Gedienter kann ich ihnen versichern, dass der Vorteil der aus einer Gemeinschaftsunterkunft mit 6, 8 oder 10 Kameraden auf einer Stube sehr überschaubar ist.
Ich finde es außerdem nicht nachvollziehbar, warum derartige Dienste für unser Land besteuert werden sollen, wo doch gerade der finanzielle Anreiz des Wehrdienstes, insbesondere für Gelernte die statt dessen ins Berufsleben einsteigen könnten oder Abiturienten die möglichst zügig ihr Studium durchziehen möchten, in sehr engen Grenzen hält.
Oder um die Unsinnigkeit an einem zivilen Beispiel zu demonstrieren:
Werden dann zuküngtig auch Erbsensuppen bei Katastrophenschutzübungen ( an denen die BW ja auch oft beteilligt ist) mit THW, DRK usw auch besteuert werden, weil sie ein geldwerter Vorteil sind?
Oder muss ich zukünftig damit rechnen, dass ich als Helfer für die Verpflegung bei einer echten Katastrophe Steuern zahlen muss?
Ich möchte Sie also an dieser Stelle bitten, sich gut zu überlegen, wie Sie mit den wenigen Verbliebenen, die bereit sind etwas für ihr Land und für unsere Gesellschaft zu tun, umgehen möchten. Ich denke, dass es lukrativere Geldquellen, als die Taschen der Idealisten gibt.
Um das jetzt als Frage zu formulieren:
Wie stehen Sie zu dem Thema "Besteuerung geldwerter Vorteile bei Wehrdienstleistenden und Reservisten"?
mit freundlichen Grüßen
Herbert Meng
Sehr geehrter Herr Meng,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Aus rechtlicher Sicht wurde die Steuerbefreiung der Bezüge von Wehr- und Zivildienstleistenden in der Vergangenheit dadurch begründet, dass es sich um Zwangsdienste handelte. Seit neuestem sind das aber freiwillige Dienste - Freiwilliger Wehrdienst und Bundesfreiwilligendient. Es gibt daher keinen rechtlichen Grund mehr, diese Bezüge steuerlich anders zu behandeln als andere Bezüge (selbst Rentenbezüge werden ja heute besteuert). Angesichts der sehr geringen Vergütungen von Bundesfreiwilligendienst und freiwilligem Wehrdienst würden auch bei voller Steuerpflicht aller Bezüge (also nicht nur geldwerter Vorteile, sondern auch Taschengeld bzw. Wehrsold) die Steuerzahlungen gering ausfallen. So würde der Bundesfreiwilligendienst in aller Regel überhaupt keine Steuerzahlungen bedingen, da die Vergütungen den Grundfreibetrag nicht überschreiten. Beim freiwilligen Wehrdienst könnten bei voller Steuerpflicht für alle Bezüge für einen Hauptgefreiten bis zu 100 Euro an Steuerzahlungen pro Monat entstehen. Durch die jetzt geplante Herausnahme des Wehrsolds aus der Steuerbefreiung dürften auch bei freiwillig Wehrdienstleistenden äußerst selten Steuerzahlungen entstehen - dazu sind die Sachbezüge nämlich einfach zu gering. Es trifft wohl nur freiwillig Wehrdienstleistende, die zusätzliche Einkünfte haben.
Aus meiner Sicht ist die gerechte Vergütung von freiwilligen Diensten aber keine Steuerfrage, sondern eine Frage der Bruttovergütung - und die ist schlicht zu niedrig. Insofern sollte diese erhöht, aber nicht steuerbefreit werden. Steuerliche Gerechtigkeit heißt ja auch, gleich hohe Einkünfte (bei sonst vergleichbaren Bedingungen) gleich zu besteuern. Wenn die Vergütungen steuerbefreit werden läuft das auf eine Steuersubventionierung der entsprechenden Dienste hinaus - alleiniger Profiteur wären das Bundesverteidigungsministerium oder im Falle der Bundesfreiwilligendienstleistenden die Sozialverbände etc., weil diese dann niedrigere Vergütungen zahlen können. Zumindest im Fall des Bundesfreiwilligendienst bedeutet die geplante steuerliche Freistellung der Taschengelder eine Subventionierung eines Niedriglohnsektors. Das kann nicht das Ziel sein. Aus Gerechtigkeitsgründen und zur Vermeidung der Subventionierung eines Niedriglohnsektors wäre daher eine vollumfängliche Besteuerung aller Vergütungsbestandteile geboten. Allerdings favorisiert DIE LINKE die komplette Steuerpflicht nur bei gleichzeitig deutlicher Anhebung der Bruttobezüge. Eine Besteuerung von "geldwerten" Vorteilen ist geboten - andernfalls würden z.B. Arbeitgeber-innen in noch größerem Umfang Barlohn in Sachlohn umwandeln, um so durch die geringere Besteuerung Kosten einzusparen und ihren Gewinn zu erhöhen.
Die Kompromisslösung der Bundesregierung, nach der nur die Sachbezüge von freiwillig Leistenden als geldwerter Vorteil der Besteuerung unterliegen, nicht aber die Geldbezüge wie Wehrsold und Taschengeld, geht allerdings völlig am Thema vorbei - im Grunde ist das eine einzige Steuerverkomplizierung, die kaum einer von den Betroffenen verstehen wird und die zudem nur Arbeit (und Bürokratie) verursacht. Da wäre es in der Tat sinnvoller gewesen, die gesamten Bezüge von der Steuer zu befreien.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping