Frage an Katja Kipping von Raymund B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kipping,
ich höre und lese aus den Reihen der Linken Partei Kritik an der, von der Bundesregierung, geplanten, Gesetzesänderung der arbeitlsmarktpolitischen Instrumente und den damit einhergehenden finanziellen Einschränkungen.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine Partei, die sich massiv gegen Hartz IV stellt, auch massiv gegen sinnose 1 Euro-Jobs und sinnlose sog. Weiterbildungsmaßnahmen sein müsste.
Ich hatte einige "praktische Einblicke" in den Maßnahmenkatalog (Trainings, AGHs) und behaupte, dass gefühlte 90% der Maßnahmen reine Geld- und Zeitverschwendung sind und die Betroffenen eher von Wichtigerem abhalten, als dass sie näher an den 1. Arbeitsmarkt heranführen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass -salopp gesagt- alle "Hartz IV - Gegner" dieeer Meinung sein müssten. Wenn nun die Bundesregierung dort einspart, dann trifft es sicherlich die vielen "schwarzen Schafe" in der Weiterbildungsbranche (die aber m.E. nach die Mehrheit ausmachen).
Ich verstehe dann irgendwie nicht so recht, wieso, sobald in dem Bereich von Kürzungen gesprochen wird, ein Aufschrei durch die Parteien und Verbände (von Linke über SPD bis zum DGB, ja sogar zum Paritätischen) geht, nach dem Motto: "lasst den Arbeitslosen doch bitte ihre Maßnahmen". Ich behaupte: ein Großteil der Arbeitssuchenden wird sich erleichtert fühlen und nicht hängengelassen. Erklären Sie mir bitte, wieso die Linke einerseits "Hartz IV muss weg" sagen kann und gleichzeitig den 1 Euro Jobs hinterhertrauern möchte. Das passt irgendwie nicht zusammen. Sicherlich wären sinnvolle Maßnahmen wünchenswert, aber solange es die nicht gibt, sind doch Kürzungen bei sinnlosen Maßnahmen nichtwirklich eine Katastrophe, oder? Überspitzt ausgedrückt: wenn die Linke den 1 Euro Jobs hinterhertrauert, dann erinnert mich das an die plötzlichen Atomkraftgegner in der FDP, ein Schwenk, der irgendwie nicht glaubwürdig ist und irgendwie auch keinen Sinn macht, jedenfalls nicht für die Linke.
viele Grüße
Sehr geehrter Herr Bollinger,
da kann ich quasi an Ihre vorhergehende Frage anknüpfen und sagen:
Na klar - aber statt Trauer zeigen wir klare Kante: Unterbezahlung per Ein-Euro-Job und sinnlose Beschäftigungsmaßnahmen müssen weg. Gerade beim Ein-Euro-Job heißt es nämlich: Arbeiten ohne Arbeitsvertrag, ohne arbeitsrechtlichen Schutz. Statt Lohn gibt es – in der Regel – eine Aufwandsentschädigung von einem Euro je Stunde. Ein-Euro-Job heißt: Erwerbslose werden nicht als Arbeitnehmer behandelt, sondern als Erziehungs- und Sozialfälle, die für ihre Unterstützung arbeiten müssen. Bei Ein-Euro-Jobs handelt es sich nicht um reguläre Arbeit, sondern lediglich um eine „Arbeitsgelegenheit“. Die Beschäftigten sind weitgehend rechtlos und das Instrument ist zur Förderung der Arbeitsmarktintegration ungeeignet. Die Fraktion und die Partei DIE LINKE fordert daher gute öffentlich geförderte Beschäftigung - so auch im Wahlprogramm:
"Eine Arbeitsmarktpolitik, die mit öffentlichen Mitteln mehr gute Arbeitsangebote schafft.
Mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) wollen wir Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt eröffnen. Der ÖBS schafft zusätzliche, sinnvolle, existenzsichernde und tariflich abgesicherte Arbeitsplätze. Damit können zivilgesellschaftliche Strukturen wie Stadtteilzentren, Initiativen und kulturelle Projekte gestärkt werden. Öffentlich geförderte Beschäftigung muss sich an den Bedürfnissen der Erwerbslosen und an den regionalen Gegebenheiten ausrichten. Die Entlohnung darf einen Stundenlohn von zehn Euro und monatlich einen Bruttolohn von monatlich mindestens 1.500 Euro nicht unterschreiten. Auch hier sollte der Mindestlohn bis zum Ende der Wahlperiode auf mindestens 12 Euro steigen. Die Eingliederung beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit."
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping