Frage an Katja Kipping von Andree E. bezüglich Recht
Wie steht die PDS zum Antidiskriminierungsgesetz?
Sehr geehrter Herr Ehrig,
bezüglich Ihrer Frage über www.kandidatenwatch.de zum Thema "Antidiskriminierungsgesetz" möchte ich Sie auf beiliegende Pressemitteilungen sowie den Redebeitrag (Auszug aus dem Plenarprotokoll) der Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag, MdL Caren Lay, verweisen, welche meine vollste Zustimmung haben und meine Meinung zu o.g. Thematik widerspiegeln.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping
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Presseinformation 76 / 2005
Marcel Braumann
Pressesprecher
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07.03.2005
Gleichstellung
Kritik an Milbradts Polemik gegen Antidiskriminierungsgesetz
Lay / Ernst: Milbradts populistische Attacke gegen Antidiskriminierungsgesetz geht an der Wirklichkeit vorbei
Zur heutigen Äußerung von Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt erklären Dr. Cornelia Ernst, Landesvorsitzende der PDS und innenpolitische Sprecherin, sowie Caren Lay, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der PDS-Fraktion:
"Ein Anti-Diskriminierungsgesetz (ADG) ist längst überfällig. Erstens hätten zwei der zur Debatte stehenden EU-Richtlinien längst von der Bundesregierung umgesetzt werden müssen. Und zweitens ist ein effektiver Schutz vor Diskriminierung eine sinnvolle Untersetzung des bereits im Grundgesetz garantierten Diskriminierungsverbotes.
Das Antidiskriminierungsgesetz zielt nicht, wie Milbradt sagt, auf die Benachteiligung der Normalität. Sondern es geht darum, bestehende Diskriminierungen etwa aufgrund der ethnischen Herkunft oder der sexuellen Orientierung zu unterbinden. Einzelne Regelungen des Entwurfs mögen noch diskussionswürdig sein. Wer aber ein weltoffenes, modernes Sachsen will, der muss sich grundsätzlich zu einem Diskriminierungsverbot von Minderheiten bekennen.
Anstatt die absurde Behauptung zu wagen, dass durch den Schutz von Behinderten, Andersgläubigen, Homosexuellen und AusländerInnen gerade allein erziehende Frauen benachteiligt werden, sollte sich Milbradt besser für ein neues familienpolitisches Leitbild in der CDU einsetzen. Denn das orientiert sich nicht an der Gleichstellung aller Lebensweisen, sondern immer noch an der altbackenen Hausfrauenehe. Außerdem soll das ADG auch vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts schützen.
Es ist ebenso absurd, das Antidiskriminierungsgesetzes für die Bürokratie verantwortlich zu machen, nachdem eine effektive Verwaltungs- und Funktionalreform in Sachsen längst überfällig ist. Milbradt soll lieber vor der eigenen Haustür kehren.
Und im Übrigens gilt: Wer nicht diskriminiert, muss die Auswirkungen des ADG auch nicht fürchten. Im Gegenteil: In der internationalen Diskussion weiß man längst, dass Unternehmen von einer aktiven Gleichstellungspolitik profitieren.
PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag, Postfach 120905, 01008 Dresden
e-mail: Marcel.Braumann@slt.sachsen.de
Unsere Internet-Adresse: http://pdsfraktion-sachsen.de
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Presseinformation 206 / 2005
Marcel Braumann
Pressesprecher
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23.06.2005
Homo-Ehe
Diskriminierung von Homo-Partnerschaften bleibt
Caren Lay: CDU/SPD-Koalition delegiert Diskriminierung von Lesben und Schwulen an die sächsischen Kommunen
Zur heutigen Ankündigung aus der Koalition, die Festsetzung der Höhe der Gebühren für die standesamtliche "Verpartnerung" gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften den Kommunen zu überlassen, erklärt die stellvertretende Vorsitzende der PDS-Fraktion, Caren Lay:
Wie schon beim Kita-Gesetz schiebt die CDU/SPD-Koalition auch beim Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften den Kommunen die Verantwortung in die Schuhe. Die Staatsregierung verpasst damit die Chance, die Diskriminierung von Lesben und Schwulen zu beenden und sich zu der gebotenen Gleichstellung unterschiedlicher Lebensweisen zu bekennen. Das hat aber nichts mit Respekt vor kommunaler Selbstverwaltung zu tun, sondern ist Ausdruck fehlender politischer Courage.
Es wird damit weiterhin die Möglichkeit der Diskriminierung von Lesben und
Schwulen eröffnet. Wenn es die Koalition mit der Abschaffung von
Diskriminierung ernst meint, muss sie die für die Hetero-Ehe geltenden
Verwaltungsvorschriften komplett auf Homo-Ehen übertragen. Es ist nicht
hinnehmbar, dass die Entscheidung über die Gebühr für die Homo-Ehe an die
Kommunen delegiert wird, für die Hetero-Ehe aber nicht. Gleichwertiges muss
gleich behandelt werden und auch das Gleiche kosten.
PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag, Postfach 120905, 01008 Dresden
e-mail: Marcel.Braumann@slt.sachsen.de
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16. Sitzung der 4. Wahlperiode
22. April 2005
Aktuelle Debatte auf Antrag der Fraktion PDS
Thema: Haltung des Sächsischen Landtages zum Antidiskriminierungsgesetz
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Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Caren Lay
Beachten: Es gilt das gesprochene Wort!
(Protokoll-Niederschrift)
Caren Lay, PDS: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Auch ich kann die Aufregung, die es um das Antidiskriminierungsgesetz in diesem Hohen Hause und auch außerhalb in den vergangenen Wochen gegeben hat, nicht verstehen. Das Einzige, was an dem Gesetz auszusetzen ist, wäre die Tatsache, dass es erst jetzt kommt, denn schließlich ist die Umsetzung zweier der zur Debatte stehenden EU-Richtlinien längst überfällig.
(Beifall des Abg. Enrico Bräunig, SPD)
Damit würde Deutschland übrigens auch endlich an die Rechtsentwicklung anderer europäischer Länder anschließen. Auch das ist längst überfällig.
Ich habe durchaus registriert, Herr Ministerpräsident, dass Sie Ihren Tonfall im Vergleich zur Presseerklärung etwas abgemildert haben. Nichtsdestotrotz können mich Ihre Ausführungen inhaltlich nicht überzeugen. Ich wüsste zum Beispiel gern, wie Sie zu dem Vorwurf kommen, dass das Antidiskriminierungsgesetz zu einer Benachteiligung der Normalität führt. Warum werden denn allein erziehende Frauen, wie Sie behaupten, benachteiligt? Nur weil man Behinderte, Lesben oder Schwule nicht mehr diskriminieren darf? Das soll mir mal jemand erklären.
Ihnen ist wohl auch entfallen, dass das Antidiskriminierungsgesetz explizit vor der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. aufgrund von Schwangerschaft und Entbindung schützen soll?
Anstatt also diese absurde Behauptung aufzustellen, Herr Milbradt, wäre es vielleicht besser gewesen, sich für ein neues familienpolitisches Leitbild der CDU einzusetzen, denn das orientiert sich nach wie vor nicht an der Gleichstellung der Lebensweisen, sondern immer noch an der altbackenen Hausfrauenehe.
(Rita Henke, CDU: Blödsinn!)
Was hindert Sie denn daran, Politik für allein erziehende Frauen zu machen? Nichts hindert Sie daran. Aber wir müssen Sie hier immer wieder darauf aufmerksam machen.
(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei den GRÜNEN)
An der Entwicklung eines solchen neuen familienpolitischen Leitbildes sollten Sie sich vielleicht beteiligen, anstatt hier plumpe Polemik auf Kosten von Behinderten, Andersgläubigen, Lesben oder Schwulen zu machen.
(Zuruf von der CDU: Wer macht denn so was?)
Zu den Befürchtungen der Zunahme der Bürokratie habe ich mir die Antworten auf die Kleine Anfrage der CDU im Deutschen Bundestag durchgelesen. Dort wird überzeugend nachgewiesen - wie gesagt, das war eine Anfrage der CDU -, dass eine solche Zunahme der Bürokratie nicht zu befürchten ist. Sie sollten vielleicht lieber vor der eigenen Haustür kehren und mit einer effektiven Verwaltungs- und Funktionalreform beginnen, wie wir von der POS das seit langem gefordert haben.
Dass eine Klageflut nicht zu erwarten ist, wurde schon ausgeführt. Das belegen auch die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, in denen es ein solches Antidiskriminierungsgesetz gibt.
Auch von der FDP wird schließlich noch behauptet, dass das Gesetz der Wirtschaft schaden und Arbeitsplätze gefährden würde. Hier kann ich Ihrer Argumentation wirklich nicht folgen. Erstens muss ich sagen, dass der, der nicht diskriminiert, auch die Auswirkungen des Antidiskriminierungsgesetzes nicht befürchten muss. Zweitens wird häufig von konservativer, aber auch von liberaler Seite auf die USA verwiesen, wenn man beispielsweise den Sozialabbau rechtfertigen will. Bei aller Kritik an den USA gibt es aber dort immerhin mit der "affirmative action" eine staatlich erkannte Notwendigkeit, Antidiskriminierungspolitik zu betreiben. Vielleicht kann man sich in dieser Sache doch etwas abgucken.
(Staatsminister Dr. Thomas de Maiziere: Wie sieht denn da die Realität aus?)
Drittens gibt es auch eine Reihe von Unternehmen, die eine ganz gegenteilige Strategie fahren, die ganz offensiv mit Antidiskriminierung umgehen, und zwar zum Beispiel nach dem Motto "Vielfalt als Stärke" verfahren wie bei Ford. Es gibt hier eine Reihe von vorbildlichen Unternehmen, zum Beispiel die VEAG, die Commerzbank, die Antidiskriminierungspolitik und Vielfalt durchaus Positives abgewinnen können. Herr Bräunig, gestatten Sie mir, noch kurz die Zwischenfrage der FDP zu beantworten, was die bestehenden Antidiskriminierungsgesetze schon bewirkt haben. Es geht in der Tat um die Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins. Das ist der eigentliche Effekt eines solchen Gesetzes. Der beste Beweis ist die so genannte Homo-Ehe. Das ist ja im Grunde eine lahme Ente, hat aber immerhin weiten Teilen der Bevölkerung ins Bewusstsein gebracht, dass es Lesben und Schwule gibt. Jetzt, denke ich, kann man auch von gesetzgeberischer Seite anfügen, dass Lesben und Schwule nicht diskriminiert werden dürfen.
Meine Damen und Herren! Nach dem Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag ist sehr viel vom toleranten und weltoffenen Sachsen gesprochen worden. Ich denke, gerade vor dem historischen Hintergrund, dass alle diese Diskriminierungsmerkmale, die heute zur Debatte stehen, den Nazis Grund waren, Minderheiten zu verfolgen, zu foltern und zu ermorden, sollten wir mit diesem sensiblen Thema auch etwas sensibler umgehen.
(Beifall bei der PDS)
Ich sage für die PDS-Fraktion ganz klar: Wer ein weltoffenes, modernes Sachsen will, der muss sich grundsätzlich zu einem Diskriminierungsverbot von Minderheiten bekennen.
Präsident Erich Iltgen: Bitte kommen Sie zum Schluss.
Caren Lay. PDS: Deswegen ist es mir unverständlich, warum dieser richtige Ansatz in dieser provinziellen Abkehr von allem Fremden erstickt werden soll. Wir müssen uns modernen Ansätzen öffnen und nicht das Bild der altbackenen Provinz bedienen. Wer vorn sein will- und wir wollen, dass Sachsen vorn ist -, der muss Diskriminierung ächten und die Vielfalt fördern! Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)