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Frage von Tobias S. •

Frage an Katja Kipping von Tobias S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kipping,

laut http://www.dielinke-saar.de/politik/aktuelles/bverg_algii/ geht aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9.2.2010 hervor, dass Sanktionen beim ALG 2 verfassungswidrig, kurz verboten sind. Ebenso geht hervor, dass die Regelsätze dem soziokulturellem Existenzminimum entsprechen müssen. In einem Interview http://www.youtube.com/watch?v=XyXxYY_2Ids sagt Herr Gysi, dass das ALG-2-Gesetz durch jenes Urteil bis zum 31.12.2010 trotz Verfassungswidrigkeit weitergelte. Am 6.6.2011 tagte Ihr Ausschuss zur Sanktionsthematik.

Folgt man all diesen Aussagen. Dann begeht nicht nur unsere Bundesregierung, sondern auch der Bundestag offenkundigen Verfassungsbruch.

Denn, wenn 1.) Sanktionen laut BVerfG verfassungswidrig sind und 2.) die Regelsätze dem soziokulturellem Existenzminimum stattfinden, dann muss 3.) kein Ausschuss tagen, um Sanktionen abzuschaffen, die durch das BVerfG eh längst verboten sind. Zum soziokulturellem Existenzminimum folgt dann auch 4.), da dieses eben den Maßstäben des Grundgesetzes gerecht werden muss und der Regelsatz eben nicht eben diesem entspricht.

Dazu schließen sich meine Fragen an:

1. Stimmen Sie der Richtigkeit meiner Aussagen zu?
2. Wenn Sie zustimmen, wie sind diese Aussagen zu werten?

Mit freundlichen Grüßen
Tobias Schwarz

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schwarz,

besten Dank für Ihre Frage.

Aus unserer Sicht sind weder die jetzigen Regelleistungen noch die Sanktionen/Leistungskürzungen verfassungskonform. Aktuelle Gutachten bestätigen diese Einschätzung.

Mit den derzeit geltenden Regelleistungen hat sich allerdings das Bundesverfassungsgericht noch nicht beschäftigt, diese müssten erst noch überprüft werden. Das Urteil vom 09.02.2010 hat ja gerade zu der Neubestimmung dieser Leistungen geführt. Eine neuerliche richterliche Begutachtung u.a. der Vorgehensweise zur Bestimmung aktuell gültigen Regelsätze wäre also nötig.

Einem Normenkontrollverfahren direkt beim Bundesverfassungsgericht (wofür ein Quorum von mindestens 25% der Bundestagsabgeordneten nötig ist) zu den Regelleistungen mit uns gemeinsam, der eine schnelle Klärung der Fragen erbracht hätte, haben sich die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - trotz mehrfacher Aufforderung - verweigert. Die Fraktion DIE LINKE stellt ja allein leider nicht ein Viertel der Abgeordneten des Bundestages.

Unserem Antrag zur Abschaffung aller Sanktionen und Leistungskürzungen im SGB II und SGB XII (BT-Drs. 17/5174) hat sich im Ausschuss für Arbeit und Soziales ebenfalls keine der anderen Fraktionen angeschlossen. Diesen Antrag sowie die Beschlussempfehlung des Ausschusses, der Sie noch einmal die Positionen der Bundestagsfraktionen sowie der zur öffentlichen Anhörung geladenen Sachverständigen entnehmen können, finden Sie zu Ihrer Information anhängend.

Das heißt für den Moment, wir müssen leider warten, bis sich Betroffene mühsam durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht durchgekämpft haben und hoffen, dass deren Klagen Erfolg beschieden ist.

Weitere Informationen finden Sie in erster Linie auf meiner persönlichen Webseite unter http://www.katja-kipping.de (dort habe ich z.B. auch ausführlich dargelegt, wie aus unserer Sicht ein verfassungsgemäßes soziokulturelles Existenzminimum aussehen müsste) oder unter http://www.linksfraktion.de .

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping