Frage an Katja Kipping von Philipp I. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
auf Wahlplakaten der LINKEN zur Bundestagswahl wurde oft der Begriff "soziale Gerechtigkeit" genannt. Was bedeutetet er für Sie und wie soll ihrer Meinung nach Deutschland sozialer
gestaltet werden?
Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Immler,11 Jahre
Lieber Phillip,
herzlichen Dank für Deine Anfrage. Ich bin zwar nicht Sarah Wagenknecht, die Du selbstverständlich natürlich auch über abgeordnetenwatch.de befragen kannst, aber natürlich möchte ich Dir gern antworten. Falls Du schon einmal z.B. im Internet nach „sozialer Gerechtigkeit“ gesucht hast, so ist Dir vielleicht aufgefallen, dass damit ein breites Spektrum an Vorstellungen verknüpft ist; unzählige Schriften wurden veröffentlicht. Aber Du fragst ja, was ich darunter verstehe: Soziale Gerechtigkeit bedeutet für mich eine gleichberechtigte und demokratische Mitsprache und materielle Mitwirkungsmöglichkeit ALLER in und an allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens sowie eine Verteilungsgerechtigkeit. Gerecht ist also, wenn allen Menschen ein Leben jenseits der Armut und Teilhabe an der Gesellschaft möglich sind. Das ist heute leider (noch) nicht so, überlege doch einmal, dass es auf dieser Welt superreiche Menschen gibt und dass auf der anderen Seite immer noch Menschen sterben, weil sie nicht mal Geld für Nahrung oder einen Arztbesuch haben.
Lass es mich zum besseren Verständnis einmal an einem konkreten Beispiel beschreiben, das Dir sicher bekannt ist, nämlich die Schule. Auch in Sachsen, wo wir ja beide wohnen, ist es so, dass Schülerinnen und Schüler nach 4 Jahren Grundschule meistens getrennte Wege gehen – auf Hauptschule, Realschule bzw. Mittelschule und Gymnasium. Vermutlich ist das eine Entscheidung, die Du zusammen mit Deinen Eltern getroffen hast bzw. noch treffen musst. Oft ist dann diese Schulwahl eine Weichenstellung für das gesamte restliche Leben. Angeblich trennt das Schulwesen zwar nach Leistung, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Schülerinnen und Schüler gar nicht die Chance haben, ihre volle Leistungsfähigkeit und Begabung zu entfalten. Für eine solche Trennung spielen heute auch soziale Gesichtspunkte eine Rolle. Die Aufteilung wird noch dadurch verstärkt, dass die meisten Schulen in Deutschland nur Halbtagsunterricht anbieten, gute und kostenfreie Betreuung, Förderung und Freizeitgestaltung am Nachmittag oder Hausaufgabenhilfe gibt es viel zu selten. Schule kann also auch zu sozialer Ungerechtigkeit beitragen bzw. diese verstärken. Und das muss sich dringend ändern, insofern, das jedes Kind individuell gefördert und unterstützt werden muss, je nach Talenten und Interessen.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping