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Frage von Christoph R. •

Frage an Katja Kipping von Christoph R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kipping,

Dass viele Medien Ihre Partei lediglich als SED-Nachfolgepartei darstellen, macht es Ihnen nun wirklich einfach. Und in der Tat, ein Zwanzigjähriger, der sich heute für eine Mitgliedschaft in der Partei DIE LINKE entscheidet, ist weder in der SED gewesen, noch hat er sich als IM betätigt. Aber auch ein Zwanzigjähriger kann und muss erkennen, in welche Partei er da eingetreten ist.

Wie im Leben, so gilt auch für den Kommentar Ihrer Parteivorsitzenden zur Kandidatur Gaucks: der erste Eindruck zählt. Und da sinnierte Dr. Lötzsch darüber, dass Joachim Gauck ein Mann der Vergangenheit, nicht aber der Zukunft sei. Aus diesem Grunde können Sie persönlich noch so häufig beteuern: "Dass er [J. Gauck] sich für die Stasi-Aufarbeitung eingesetzt hat, stört mich nicht- das wäre im Gegenteil eher etwas, was mich für ihn einnehmen würde" (FAZ, 10.06.). Ich nehme Ihnen diese Beteuerung nicht ab und ich nehme Sie Ihnen auch deshalb nicht ab, weil Sie ein paar Zeilen später zu lesen sind mit der Aussage: "Herr Gauck vertritt in der Öffentlichkeit immer wieder eine Position, die auf eine Gleichstellung von Links und Rechts hinausläuft. Vor dem Hintergrund der Totalitarismustheorie ist das eine Verharmlosung des Hitler-Faschismus, die ich so nicht befördern möchte".

Dass Sie dem Menschen als auch dem Vorsitzenden des Vereins "Gegen Vergessen – Für Demokratie" Joachim Gauck eine Verharmlosung nationalsozialistischer Diktatur unterstellen, ist an dreister Frechheit wirklich nicht zu überbieten. Offen gestanden, ich bin entsetzt und habe eine solche Infamie gerade von Ihnen nicht erwartet. Tätigten Sie Ihre Aussage nicht im politischen Raum, ich bin mir sicher, der Tatbestand einer Verleumdung wäre erfüllt.

Daher möchte ich Sie fragen, ob es nicht angebracht ist, Ihre Aussage in Bezug auf die Verharmlosung des NS-Regimes zurückzunehmen und sich bei Joachim Gauck für diese Unterstellung zu entschuldigen?

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Rostig, LL.M.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Rostig,

mein Problem mit der Personalie Joachim Gauck habe ich doch klar geschildert: Es ist nicht der Fakt, dass er Chef der BStU gewesen ist. Die Aufarbeitung der Tätigkeit des MfS halte ich nach wie vor für eine wichtige Sache - ob Sie mir dies nun glauben oder nicht.

Herr Gauck ist für mich aus vielerlei anderen Gründen nicht wählbar: ob es nun seine Begeisterung für die AGENDA 2010 ist, sein Begrüßen von Krieg als politischem Mittel, seine Einordnung der Oder/Neiße-Grenze in die Schublade "Kommunistisches Unrecht", seine Diffamierung der HARTZ IV - Proteste als "töricht und geschichtsvergessen", sein Anhängen an einem Totalitarismusbegriff, von dem sich anerkannte Totalitarismusforscher längst verabschiedet haben...
Ich kann damit schlichtweg nichts anfangen und habe mich dem entsprechend auch für nichts zu entschuldigen. Das Menschen eine eigene Meinung haben und diese auch äußern, gehört zu jenen Grundrechten, die ich an diesem Lande so sehr schätze und ich habe politische Freunde und Mitstreiter, die dafür in der DDR wesentlich offener und mutiger gestritten und die entsprechenden Konsequenzen getragen haben, als der im Herbst 1989 aus dem Schatten getretene Joachim Gauck.

Ich empfehle übrigens zum Nachlesen den Artikel von Daniela Dahn "Gespalten statt versöhnt", der in der Süddeutschen Zeitung vom 10.06.2010 zu lesen war. Er ist auch auf meiner Homepage www.katja-kipping.de zu finden.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Kipping