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Frage von Heike R. •

Frage an Katja Kipping von Heike R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kipping,
ich bin langjährige CSU Wählerin, erhalte aber zu meiner Frage keine oder nur verdummende Antworten. Ich möchte deshalb Sie, als Ausschussvorsitzende fragen.
In der monatlichen Arbeitslosenstatistik sind alle möglichen Gruppen an Arbeitslosen gar nicht erfasst. Nun gut, die Bundesanstalt weigert sich beharrlich die Zahl derer zu nennen, die tatsächlich Leistungsbezieher sind.
Es ist doch klar, dass unsere Sozialsysteme von den Beitragszahlern leben, nicht von Eineurojobbern, geringfügig Beschäftigten, zeitweilig in sinnlosen Alibimaßnahmen geparkten, zeitweilig Kranken und sonstwelchen Kategorien.
Die Forderung nach Hinzuverdienst für Harz4´ler sind Heuchelei, denn die einzige Forderung darf nur lauten: Schaffung und Bereitsstellung von sozialversicherungspflichtigen Jobs. Auch ein Hinzuverdiener trägt nichts in die Kassen bei.
Frau Kipping,
wieviel sozialversicherungspflichtige Jobs fehlen derzeit in Deutschland?
Wie sieht die seriöse Prognose zur Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Jobs aus?
Wieviel Menschen sind, zusätzlich zu der monatlich veröffentlichen statistischen Zahl Arbeitsloser, auf Transferleistungen angewiesen, ohne selbst einzuzahlen?
Wieviel Menschen suchen derzeit tatsächlich sozialversicherungspflichtige Jobs?
Wem eigentlich dient eine Statistik, die allemöglichen Kategorien von Suchenden heranzieht, um die veröffentlichte Arbeitslosigkeit "moderat" erscheinen zu lassen?
Weshalb kann in unserem Land von zahlenwütigen Statiskern den monatlichen Veröffentlichungen der Arbeitsmarkzahlen nicht noch die kleine Rubrik "Suchende von sozialversicherungspflichtigen Jobs" beigefügt werden?

Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall

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Sehr geehrte Frau Rogall,

besten Dank für Ihre Zuschrift.

Die Bundesagentur für Arbeit erfasst alle Leistungsbeziehenden - weist diese nur eben in verschiedenen Tabellen innerhalb der Statistiken aus. Wenn Sie sich die Daten der Bundesagentur für Arbeit für Januar 2010 genau anschauen, dann erhalten Sie nach unseren Berechnungen für diesen Monat eine tatsächliche Arbeitslosenzahl von mindestens 4.811.485 Bürgern (offiziell waren 3.617.485 Personen arbeitslos). In der sog. offiziellen Arbeitslosenstatistik werden folgende Bürgerinnen und Bürger nicht erfasst: Diejenigen, die älter als 58 Jahre sind und ALG I bzw. ALG II beziehen, die sich in sog. 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung) befinden, die eine berufliche Weiterbildung durchführen, die Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen durchlaufen, die sich in der Aktivierung bzw. beruflichen Eingliederung befinden, die einen Beschäftigungszuschuss erhalten oder eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme haben. Auch diejenigen, die krank sind, werden nicht berücksichtigt. Somit wurden im Januar 1.194.000 Personen "heraus gerechnet". Dazu kommen noch die arbeitslosen NichtleistungsbezieherInnen.

Entgegen Ihrer Auffassung finanziert sich unser Sozialsystem nicht nur aus Sozialversicherungsbeiträgen, sondern auch aus Steuern verschiedenster Art. Diese zahlen alle Bürger, also auch die 1-Euro-Jobber, die Kranken und all die anderen, die Sie genannt haben (z.B. in Form von Mehrwertsteuer).
Mit der geplanten Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen spricht die schwarz-gelbe Bundesregierung quasi eine Einladung an Unternehmen aus, Niedrigstlöhne zu bezahlen und somit die Zahl der Aufstocker zu erhöhen, die zusätzlich Hartz-IV-Leistungen zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts benötigen. Damit werden zu Lasten der Steuerzahler Unternehmen subventioniert und nicht, wie allerdings gern suggeriert, Wohltaten an Geringverdiener verteilt.
Wie viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Deutschland fehlen, können Sie errechnen, indem Sie von der Zahl der registrierten Erwerbsarbeitssuchenden die angebotenen sozialversicherungspflichtigen Jobs abziehen. Was aber allerdings noch nichts über Qualität und Sinnhaftigkeit so mancher Jobangebote aussagt - das wäre ein anderes diskussionswürdiges Thema.
Unter den Bedingungen eines kapitalistischen Arbeits- und Finanzmarktes mit all seinen Unwägbarkeiten (Stichwort: Finanzkrise) lassen sich nach m.E. keine seriösen Prognosen über die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Jobs treffen. Aber natürlich veröffentlichen Forschungsinstitute, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dazu auch Berichte, die Sie natürlich gern heranziehen und deren Treffsicherheit Sie in Laufe der Zeit vergleichen können.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping