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Frage von Per R. •

Frage an Katja Kipping von Per R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Liebe Genossin Katja,

bei meiner Frage geht es um die von der Regierungskoalition geplante
Vermehrung der Stipendien für "besonders Begabte" von 2% auf 10% aller Schüler/Studierenden.

Interessanterweise gibt es ja eine statistisch gut dokumentierte – und angesichts der bekannten Normalverteilung von Intelligenz vielsagende – Korrelation zwischen der Zuschreibung angeblicher Hochbegabung und dem soziokulturellen Hintergrund der jungen Menschen, der faktisch dazu führt, dass eine finanzielle Förderung kaum einmal denjenigen zugute kommt, bei denen eine ökonomische Bedürfnislage vorliegt, sondern in aller Regel denjenigen, die ohnehin schon Privilegierte unseres Bildungssystem waren, sind und bleiben (womit überdies nach Abschluss der Ausbildung oft noch eine deutlich bessere Einkommenslage einhergeht).

Für mich ist es ohnehin nicht einfach, eine nachvollziehbare, überzeugende Begründung für eine FINANZIELLE Förderung "leistungsstarker", "begabter" Menschen zu denken. (Dass diese – wie ALLE anderen auch – eine auf ihre speziellen Bedürfnisse zugeschnittene ideelle Förderung benötigen, stelle ich nicht in Abrede, wenngleich auch hier eine ungerechte Vereinseitigung zugunsten der "Spitzenforschung", "Elitebildung" usw. zu konstatieren ist.)

Nun meine Fragen:

(1) Sollte Deiner Ansicht nach das Stipendiensystem in Deutschland umstrukturiert, i.e. sozial (gerechter) gestaltet werden, werden? Wenn ja: wie?

(2) Welche Kriterien sollten nach Deiner Ansicht für die Vergabe einer FINANZIELLEN Förderung maßgeblich sein?

Ich bedanke mich herzlich für die Antwort und verbleibe
mit solidarischem Gruß,

Per Röcken, Berlin-Treptow

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Röcken,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Studienfinanzierung.

Die Pläne der schwarz-gelben Koalition werden aus meiner Sicht die soziale Spaltung beim Bildungszugang weiter verschärfen. In Konkurrenz zum sozial begründeten BAföG soll wohl ein staatlich gefördertes privates Bildungssparen à la Riester und ein Stipendienprogramm für bis zu zehn Prozent der leistungsstärksten Studierenden treten. Unschwer lässt es sich erkennen, dass es nicht das Ziel der neuen Koalition ist, mit ihrer Bildungspolitik mehr Menschen aus finanziell nicht so gut gestellten oder bildungsfernen Haushalten eine Hochschulbildung zu ermöglichen. Die Pläne der Koalition kommen vor allem Besserverdienenden zu gute.

DIE LINKE will das BAföG zur elternunabhängigen, bedarfsdeckenden und repressionsfreien Grundsicherung ausbauen. Es muss an die realen Lebenshaltungskosten angepasst und wieder auf einen Vollzuschuss umgestellt werden. Denn die Aussicht, am Ende des Studiums vor einem Schuldenberg zu stehen, schreckt gerade junge Menschen aus nichtakademischen Elternhäusern vom Studium ab. Die Altersgrenze von 30 Jahren muss abgeschafft werden. Gezahlt werden soll diese Grundsicherung für die Zeit der durchschnittlichen Studiendauer.

DIE LINKE will auf diese Weise eine verlässliche Studienfinanzierung ermöglichen. Alle Studierenden sollen eine einheitliche monatliche Studienunterstützung erhalten, in der alle bisherigen kindbezogenen staatlichen Transferleistungen, wie Kindergeld und Steuerfreibeträge der Eltern zusammengefasst werden. Zusätzlich sollen Studierende aus einkommensschwachen Elternhäusern einen weiteren Zuschuss bekommen. Schrittweise soll dieser Zuschuss auf alle Studierenden ausgeweitet - also elternunabhängig gezahlt werden, denn Studierende sind erwachsene Menschen, deren Bildungsweg nicht vom guten Willen der Eltern abhängig sein sollte.

Aber bislang gibt es ja noch nicht einmal die Öffnung des BAföG-Bezugs über das 30. Lebensjahr hinaus. Dies wird seit Jahren gefordert, um z.B. ein Studium nach einer Phase der Berufstätigkeit zu ermöglichen. Die Koalition bietet dieser Altersgruppe stattdessen nur Bildungskredite und damit die Aussicht auf horrende Schuldenberge an.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping