Frage an Katja Kipping von Toni G. bezüglich Wirtschaft
Wie kommt es denn, dass die Linke zusammen mit der FDP gegen die Enteignung von Anteilseignern bei Banken gestimmt hat?
Sehr merkwürdig für eine Partei, die doch die Verstaatlichung der "bedürftigen" Banken fordert.
Vielen Dank im Voraus,
Gruß, Toni
Sehr geehrter Herr Großmann,
vielen Dank für Ihre Nachfrage im Hinblick auf die Abstimmung zum Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz (FMStErgG). Sowohl DIE LINKE als auch die FDP haben mit NEIN gestimmt, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Die unsrigen möchte ich Ihnen gern darlegen:
Dieser Gesetzentwurf war speziell auf die Verstaatlichung bzw. Enteignung der Hypo Real Estate zugeschnitten. Allerdings können natürlich auch andere Banken rasch in eine vergleichbare Schieflage kommen. Eine Verstaatlichung solcher Großbanken ist durchaus eine verantwortliche Lösung. Um das Gesetz auch für andere Banken zur Anwendung bringen zu können, wäre eine Entfristung erforderlich gewesen (so lief das Gesetz Ende Juni aus). Schließlich ist das Ende der Krise immer noch nicht wirklich abzusehen.
Zudem sieht das FMStErgG die Reprivatisierung der verstaatlichten bzw. enteigneten Bank vor, sobald diese "nachhaltig stabilisiert" ist. Die Bank soll also privatisiert werden, wenn sie wieder Gewinne erwirtschaftet. Dass daran nicht einmal die Bedingung geknüpft werden soll, dass die in die Bank geflossenen Steuermittel mit entsprechenden Zinsen zurückgezahlt worden sein müssen, kommt einer gesetzlich erlaubten Veruntreuung gleich.
Und es gab auch noch einen weiteren Ablehnungsgrund für uns: Das FMStErgG erhöht die maximale Dauer gewährter Garantien des bundeseigenen Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) von drei auf fünf Jahre. Mit Hilfe der Garantien können sich Soffin-geförderte Banken günstig refinanzieren. Ohne die Soffin-Garantien könnten sich diese Banken auf Grund des Misstrauens, dass der Markt ihnen entgegenbringt gar nicht oder nur sehr teuer refinanzieren. Weder FMStErgG, das im Oktober 2008 beschlossene FMStG (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) noch die mit dem FMStG verknüpfte Rechtsverordnung stellen jedoch sicher, dass die Soffin-geförderten Banken für diese Förderung Gebühren in angemessener Höhe zahlen. Das verschlechtert die relative Wettbewerbsposition der Banken, die sich in den vergangenen Jahren verantwortungsvoll verhalten haben und deshalb keine Soffin-Förderung brauchen - also vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Zusammenfassend ist also zu unserer Ablehnung des Gesetzes zusagen: Wir haben die Verstaatlichung der HRE zwar auch für alternativlos gehalten, mit der faktischen Beschränkung auf diesen einzelnen Fall griff das Gesetz aber zu kurz. Zudem sind die vorgesehenen Regeln zur Reprivatisierung überflüssig und sehr unzureichend. Überdies werden die Sparkassen und Genossenschaftsbanken durch die Verlängerung der Garantielaufzeiten unverhältnismäßig behindert.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping